Jahresbericht 2021 der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe vorgelegt

06.04.2022, medhochzwei
Heilberufe, Coronavirus, Politik & Wirtschaft, Digital Health

Die Schlaganfall-Versorgung in Deutschland geschieht auf hohem Niveau – daran hätten auch zwei Jahre Pandemie nichts ändern können, heißt es von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe zu ihrem Jahresbericht 2021. Potenziale für weitere Verbesserungen sieht die Stiftung vor allem in der Nachsorge, dort habe die Pandemie deutliche Auswirkungen gezeigt. Viele Betroffene berichteten demnach von zeitweise deutlichen Einschränkungen in der therapeutischen Versorgung. Die Kontaktbeschränkungen hätten vor allem der Schlaganfall-Selbsthilfe Sorgen bereitet. Zu Beginn der Pandemie engagierten sich rund 12.000 Patientinnen und Patienten in den 350 Selbsthilfegruppen im Netzwerk der Deutschen Schlaganfall-Hilfe. Eine Umfrage der Stiftung ergab, dass unter der Pandemie der Kontakt zu etwa einem Drittel der Mitglieder verloren gegangen sei. Insbesondere kleinere Gruppen im ländlichen Raum seien in ihrer Existenz bedroht. Mit einem Förderfonds wolle man die Selbsthilfearbeit 2022 neu beleben, hieß es von der Stiftung.

Die Verunsicherung vieler Schlaganfall-Betroffener habe sich auch in der Nutzung der Informations- und Beratungsangebote der Stiftung bemerkbar gemacht. So habe ein Online-Artikel zur Sinusvenenthrombose, einer sehr seltenen Nebenwirkung der Covid-19-Impfung, im Frühjahr 2021 an einem einzigen Tag 10.000 Aufrufe verzeichnet. Auch in den telefonischen Patientenkontakten habe ich dieser Trend bestätigt. In nur drei Jahren hat sich laut der Stiftung die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer der Website verfünffacht. Mehr als 1,5 Millionen Besucherinnen und Besucher verzeichnete die Seite im vergangenen Jahr.

Unter Lockdowns und Kontaktbeschränkungen haben laut des Berichts insbesondere jene Menschen gelitten, die aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität schon vorher stark von Einsamkeit bedroht waren. Der zunehmenden Isolierung begegnete die Deutsche Schlaganfall-Hilfe mit der Einführung neuer Online-Formate. Die internetbasierten Patienten-Veranstaltungen wurden demnach unerwartet gut frequentiert. Für Internet-Unerfahrene habe man technische Einführungen angeboten.

338 Stroke Units – Schlaganfall-Spezialstationen – hat die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft als medizinische Fachgesellschaft gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe bis Ende 2021 zertifiziert. Im vergangenen Jahr sei vor allem die Zahl der telemedizinisch vernetzten Stationen von 18 auf 23 gestiegen, hieß es. So sei nun auch in ländlichen Regionen eine nahezu flächendeckend gute Akutversorgung gewährleistet. Anders als in Frankreich oder Italien habe die Qualität der Akutversorgung in Deutschland nicht unter der Pandemie gelitten.

2021 endete das Innovationsfonds-Projekt STROKE OWL, ein Modellprojekt mit Patientenlotsen. 1.600 Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten wurden dabei ein Jahr lang in der Nachsorge begleitet. Erste Ergebnisse würden zeigen, wie positiv sich das Engagement der Lotsen auf die Lebensqualität und Adhärenz der Patientinnen und Patienten auswirke. Mehr als die Hälfte von ihnen gab demnach an, durch die Lotsen stärker auf die Medikamenteneinnahme, auf ausreichende Bewegung und eine ausgewogene Ernährung zu achten. 

Die neue Bundesregierung will noch in dieser Legislaturperiode einen geregelten Weg finden, damit erfolgreiche Förderprojekte wie die der Patientenlotsen in die Regelversorgung überführt werden, hieß es von der Stiftung. „Die Lotsen sind im Koalitionsvertrag verstetigt, das ist schon mal ein Riesenerfolg“, kommentieret Barbara Steffens, Landeschefin der Techniker Krankenkasse in Nordrhein-Westfalen, die Konsortialpartnerin im Modellprojekt STROKE OWL war. Die wohl wichtigste Frage werde nun sein, aus welchen Mitteln die Patientenlotsen künftig bezahlt werden sollen. „Ich kann mir sehr gut Mischfinanzierungen vorstellen. Aber das muss man im Großen mit den Koalitionsfraktionen diskutieren“, so Steffens.

In ähnlichen Modellen denkt Dr. Michael Brinkmeier, Vorstandvorsitzender der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. „Damit Lotsen frei von Interessen anderer im Sinne der Hilfesuchenden agieren können, braucht es eine gerechte Finanzierung und ein Neudenken der bestehenden, oft starren Logiken der Sozialgesetzbücher“, so Brinkmeier. „Als Stiftung besitzen wir von Natur aus einen langen Atem, den es zur Umsetzung solcher Innovationen braucht. Mit dieser Stärke wollen wir das Thema weiter vorantreiben.“

Bis Ende letzten Jahres hat die Schlaganfall-Hilfe gemeinsam mit regionalen Partnern 572 ehrenamtliche Schlaganfall-Helfer in acht Bundesländern ausgebildet. Aufgrund der Pandemie seien deren Aktivitäten jedoch stark eingeschränkt gewesen, hieß es. 2022 möchte die Schlaganfall-Hilfe das Programm ausbauen und sucht weitere Partnerorganisationen in allen Regionen Deutschlands. Die Ehrenamtlichen erhalten eine Grundlagenschulung in vier bis fünf Wochenendmodulen, um Betroffene im Alltag zu unterstützen, ihnen regionale Hilfeangebote zu vermitteln und Angehörige zu entlasten. Seit Anfang 2021 können Interessenten die Schulung auch online absolvieren.

Dr Jahresbericht steht hier zum Herunterladen zur Verfügung.

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