Studie zu Patientenverfügung erhält Wissenschaftspreis

01.06.2022, Dr. Stefan Arend
Wissenschaft & Forschung, Pflege

Je konkreter eine Patientenverfügung formuliert ist, desto besser können Ärztinnen und Ärzte den individuellen Behandlungswünschen ihrer Patientinnen und Patienten entsprechen. Ein Forschungsteam aus Würzburg hat untersucht, welche Vorsorgedokumente Bewohnerinnen und Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen hinterlegt haben und was in Patientenverfügungen festgehalten ist. Die Ergebnisse haben sie 2021 in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ des Thieme-Verlags publiziert. Für ihre Originalarbeit „Patientenverfügungen von Bewohnenden in Pflegeeinrichtungen – welche Behandlungssituationen und Behandlungsmaßnahmen werden vorausverfügt?“ erhalten die Autoren den „DMW Walter Siegenthaler Preis 2022“. Die Auszeichnung wurde am 2. Mai 2022 im Rahmen des 128. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. verliehen.


In die Studie sind Daten aus 13 stationären Pflegeeinrichtungen in und um Würzburg eingeflossen. Der Soziologe Malte Klemmt, die Psychologin Professorin Dr. Silke Neuderth und die Rechtswissenschaftlerin Professorin Dr. Tanja Henking von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt haben in den Einrichtungsakten hinterlegte Dokumente erfasst und ausgewertet. Dabei haben sie eng mit der Medizinerin Professorin Dr. Birgitt van Oorschot, Leitende Oberärztin am Interdisziplinären Zentrum für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Würzburg, zusammengearbeitet.


Sehr interessant und wichtig zu wissen ist, dass insgesamt 556 der 832 Bewohnenden (67 Prozent) mindestens ein Vorsorgedokument hinterlegt haben. Darunter sind Patientenverfügungen, aber auch Vorsorge- und Generalvollmachten, Betreuerverfügungen, Notfallpläne oder Kombinationen verschiedener Dokumente. Inhaltlich haben die Wissenschaftler ausschließlich die vorliegenden 265 Patientenverfügungen analysiert.
Dabei fällt auf, dass in 94 Prozent aller analysierten Verfügungen Textbausteine verwendet werden. Im Ernstfall helfen diese oft pauschalen Formulierungen Ärztinnen und Ärzten jedoch nicht, daraus den individuellen Patientenwillen abzuleiten. Floskeln, wie „die Ermöglichung eines würdevollen Sterbens“ oder die Zustimmung zu „lebensverlängernden Maßnahmen“ mindern die Aussagekraft der Verfügungen. Oftmals sind sie nicht eindeutig genug verfasst, um medizinische Entscheidungsfindungsprozesse zu unterstützen.


Allerdings kristallisieren sich sechs Behandlungsmaßnahmen heraus, die entweder gewünscht oder abgelehnt werden. Symptomlindernde Maßnahmen wünschen sich etwa 91 Prozent. Lebensverlängernde Maßnahmen wie künstliche Ernährung oder Flüssigkeitszufuhr lehnen rund 95 Prozent der Bewohnenden, in Verbindung mit bestimmten Behandlungssituationen, ab. Und in rund drei Viertel (76,2 Prozent) der Patientenverfügungen führen die Bewohnerinnen und Bewohner Reanimationsversuche an, die sie in den meisten Fällen (94,5 Prozent) ablehnen. Wer einer Wiederbelebung zustimmt, tut dies beispielsweise im Zusammenhang mit einem Unfall oder im Hinblick auf mögliche Komplikationen im Rahmen einer Operation.

Quelle:
M. Klemmt, S. Neuderth, B. van Oorschot, T. Henking
Patientenverfügungen von Bewohnenden in Pflegeeinrichtungen – welche Behandlungssituationen und Behandlungsmaßnahmen werden vorausverfügt?
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2021; 146 (20); e81–e87
Die Originalarbeit ist Open Access veröffentlicht und frei zugänglich abrufbar.

 

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