Schweizer Modell will die Versorgungsprozesse revolutionieren

16.11.2022, Rolf Stuppardt, Welt der Krankenversicherung
Versorgung, Heilberufe

Mit einem neuartigen Projekt sollen im Berner Jura Versorgungsprozesse verbessert und effizienter gestaltet werden. Zu diesem Zweck haben sich drei ungleiche Partner dafür an einen Tisch gesetzt: der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP), die Privatklinikgruppe Swiss Medical Network (SMN) und die Krankenkasse Visana. Zusammen wandeln sie das Hôpital du Jura Bernois in die Gesundheitsorganisation Réseau de l’Arc um, die sich um die gut 50.000 Bewohner der Region und deren Gesundheitsbelange kümmern soll. Das Revolutionäre dabei ist, dass die Spitäler, Hausärzte oder Spitexdienste, die an das Netzwerk angeschlossen sind, nicht mehr für eine einzelne Behandlung Geld von der Krankenkasse verlangen können. Stattdessen bekommt das Réseau de l’Arc für jede versicherte Person eine Jahrespauschale. Dadurch sollten die Ärztinnen und Ärzte keinen Anreiz mehr haben, möglichst viele und aufwendige Behandlungen durchzuführen. Und die Prävention gewinnt an Wert: Mit jedem Kunden, der gar nicht erst krank wird, macht das Netzwerk Gewinn. Die bessere Vernetzung soll zudem teure Doppeluntersuchungen vermeiden. Die Kopfpauschale deckt auch Leistungen außerhalb des Netzwerkes ab, etwa Aufenthalte in einer Rehabilitationsklinik. Der Gesundheitsexperte Felix Schneuwly vom Vergleichsdienst Comparis beschreibt die Funktionsweise eines solchen Systems am Beispiel von Diabetikern: „Werden sie ambulant gut versorgt und werden dadurch Spitalaufenthalte – zum Beispiel wegen Amputationen – verhindert, kommen die unter dem Budget liegenden Kosten dem Netz zugute, das mehr Mittel für das Qualitätsmanagement hat. Aber auch den Versicherten in Form von Prämienrabatten.“ Vorbild für das Berner Projekt ist Kaiser Permanente (KP) aus Oakland, Kalifornien. Das Gesundheitsunternehmen hat die integrierte Versorgung an der US-Westküste vorangetrieben. 23.000 Ärzte und 39 Spitäler kümmern sich um die gut 12 Millionen KP-Versicherten. Im Verhältnis zur Bevölkerung sind das fünfmal weniger Spitäler als in der Schweiz – mit entsprechend niedrigeren Kosten.

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