Arbeitszeiterfassungsgesetz ist in Vorbereitung

26.01.2023, Prof. Hans Böhme, Healthcare & Hospital Law
Recht

Das Bundesarbeitsministerium plant im ersten Quartal 2023 einen Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung. Anlass ist der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022 – 1 ABR 22/21, auf den bereits im HHL-Newsletter 6/2022 hingewiesen wurde. Dieser Beschluss liegt nunmehr seit November in schriftlicher Form vor. Diese hat 22 Seiten. Im Leitsatz 1 steht: Arbeitgeber sind nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu erfassen, für die der Gesetzgeber nicht auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG eine von den Vorgaben in Art. 3, 5 und 6 Buchst. b dieser Richtlinie abweichende Regelung getroffen hat. Die Arbeitgeber sind schon kraft Gesetzes verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden in ihrem Betrieben erfasst werden. Die Pflicht der Arbeitgeber, ein System einzuführen, mit dem sämtliche Arbeitszeiten in den Betrieben erfasst werden, folgt aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vom 07.08.1996 (BGBl. I S. 1246), das letzt durch Artikel 6k des Gesetzes vom 16.09.2022 (BGBl. I S. 1454 geändert worden ist. Somit besteht nach dieser jüngsten Rechtsprechung des BAG die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung bereits seit 1996. Das Warten der Arbeitgeber auf das Tätigwerden des Gesetzgebers ist also nicht gerechtfertigt, wenngleich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 14.05.2019 - C-55/18 entschieden hat, dass die europäischen Vorschriften erst in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Genau das ist aber nach Auffassung des BAG bereits 1996 in Deutschland geschehen. Der EuGH hatte einen Fall aus Spanien zu entscheiden gehabt.

Im Bundesarbeitsministerium wird nunmehr an einem Entwurf gearbeitet, mit dem die Arbeitszeiterfassung und deren Dokumentation geregelt werden soll. Es gibt nicht nur ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System. Der Gesetzgeber hat einen Spielraum für konkretisierende Regelungen. Bei dieser Regelung sind vor allem die Besonderheiten der jeweilsbetroffenen Tätigkeitsbereiche der Arbeitnehmer und die Eigenheiten des Unternehmens – insbesondere seine Größe – zu berücksichtigen. Die Arbeitszeiterfassung muss nicht ausnahmslos und zwingend elektronisch erfolgen. Vielmehr können beispielsweise – je nach Tätigkeit und Unternehmen – Aufzeichnungen in Papierform genügen. Es ist nicht ausgeschlossen, die Aufzeichnung der betreffenden Zeiten als solche an die Arbeitnehmer zu delegieren.

Übrigens: Die hier formulierten Sätze sind Originalton Bundesarbeitsgericht im Beschluss vom 13.09.2022.
Der Gesetzesentwurf soll im Februar vorliegen. Das Bundesarbeitsministerium wird einen praxistauglichen Vorschlag für die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz machen.  
Im nächsten Healthcare & Hospital Law Newsletter 2-2023 wird dazu berichtet.

Dieser Beitrag stammt aus dem Healthcare & Hospital Law Newsletter 1-2023. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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