Neue Richtlinie über die Verordnung außerklinischer Intensivpflege

20.03.2023, Prof. Hans Böhme, Healthcare & Hospital Law
Recht, Pflege

Ab Januar 2023 gelten neue Regelungen für die Verordnung der außerklinischen Intensivpflege. Der dazu gefasste Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist in Kraft getreten.1

Gemäß 37c SGB V haben Versicherte Anspruch auf außerklinische Intensivpflege. Voraussetzung hierfür ist ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege, d. h. das Erfordernis der ständigen Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft.
Außerklinische Intensivpflege richtet sich an schwerstkranke Kinder, Jugendliche und Erwachsene, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit täglich und zu unvorhersehbaren Zeiten lebensbedrohliche gesundheitliche Situationen auftreten können. Sie haben daher einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege, der durch die permanente Interventionsbereitschaft durch eine geeignete Pflegefachkraft über den gesamten Versorgungszeitraum gekennzeichnet ist.

Außerklinische Intensivpflege bedarf der Verordnung durch Vertragsärztinnen und -ärzte, die für die Versorgung dieser Versicherten besonders qualifiziert sind, § 37c Abs. 1 Satz 4 SGB V.

Für die Verordnung gibt es ein neues Formular, auf dem auch die Ergebnisse einer Potenzialerhebung erfasst werden, d. h. dass ärztliches Personal unter anderem die Möglichkeit prüfen soll, eine Beatmungszeit zu verringern oder auf eine nicht invasive Beatmung umzustellen. Das hat zum Ziel, die Beatmungszeit gegebenenfalls bis hin zur Entwöhnung zu reduzieren.

Allerdings können auch Nichtvertragsärzte die sog. (Potenzial-)Erhebung nach § 5 AKI–RL durchführen, die jeder Verordnung von AKI vorangehen muss, §§ 37c Abs.1 Satz 6 SGB V, 5 Abs. 2 AKI-RL. Neben Ärztinnen und Ärzten, die die Zusatzbezeichnung Intensivmedizin haben, können auch

  • Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin und Pneumologie,

  • Fachärztinnen und Fachärzte für Anästhesiologie mit mindestens 6-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungs-Entwöhnungseinheit,

  • Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin, Chirurgie, Neurochirurgie, Neurologie oder Kinder- und Jugendmedizin mit mindestens 12-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit,

  • weitere Fachärztinnen und Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit oder

  • für die Erhebung des Potenzials zur Entfernung der Trachealkanüle bei nicht beatmeten Versicherten auch Fachärztinnen und Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer stationären Einheit der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation

die Erhebung durchführen.

Hierfür sind ab dem 1. Dezember 2022 die Gebührenordnungspositionen (GOP) 37700 ff. EBM abrechenbar. Die Potenzialerhebung wird bspw. mit knapp 30 Euro bezahlt, hinzu kommen unter Umständen Zuschläge und Pauschalen.
Die Befugnis zur Durchführung der Erhebung bedarf der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Diese Genehmigung ist – zwingend – zu erteilen, wenn der Antragsteller eine der vorstehend genannten Facharzt–Bezeichnungen führt, § 8 Abs. 2 Satz 1 AKI – RL.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 AKI-RL dürfen die Leistungen der außerklinischen Intensivpflege (nur) von Leistungserbringern erbracht werden, die über Verträge gemäß § 132 l Abs. 5 SGB V verfügen.2

 

1 Außerklinische Intensivpflege - Gemeinsamer Bundesausschuss (g-ba.de), im Internet abgerufen am 11.03.2023.
2 Neue Richtlinie über die Verordnung außerklinischer Intensivpflege | Medizinrecht Aktuell (medizinrecht-aktuell.de), im Internet abgerufen am 11.03.2023.

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