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Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) ist jetzt die erste S3-Leitlinie zum umfassenden geriatrischen Assessment, (Comprehensive Geriatric Assessment, CGA), bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten in Deutschland veröffentlicht worden. Insgesamt 20 evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen sowie Statements hat ein interdisziplinäres Leitlinien-Team aus mehr als 20 Fachgesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet und dabei explizit die Gebiete in den Blick genommen, in denen das CGA am effektivsten wirkt: die Notaufnahme, die Onkologie, die Orthogeriatrie, die Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie die Akutgeriatrie.
Das Werk ist Resultat eines rund zweijährigen intensiven, interdisziplinären Arbeitsprozesses, den die hohe Qualität einer S3-Leitlinie erfordert. Dazu zählen zum Beispiel eine systematische Literaturrecherche, die Bewertung der Evidenz, die Formulierung und Graduierung von Empfehlungen, die Konsensfindung und schließlich die externe Begutachtung. Herausgekommen sind neun evidenzbasierte Empfehlungen und drei evidenzbasierte Statements sowie fünf konsensbasierte Empfehlungen und drei konsensbasierte Statements.
Eines der wichtigsten konsensbasierten Statements zielt darauf ab, dass ein CGA im Sinne einer personalisierten Medizin stets bestimmte Dimensionen untersuchen sollte: mindestens die Selbsthilfefähigkeit, die Mobilität, die kognitive Funktion inklusive Delir, den Affekt, die Ernährung und soziale Situation einer Person. Je nach persönlicher Situation können auch andere Dimensionen relevant sein, wie zum Beispiel die Sensorik, Kommunikationsfähigkeit oder Schlafsituation der älteren Person – oder aber auch die Polypharmazie. Wichtige evidenzbasierte Empfehlungen gehen zum Beispiel auf die Notwendigkeit eines CGA bei älteren Menschen ein, die vor einer systemischen Krebstherapie stehen, hüftgelenksnahe Frakturen haben oder sich im akutgeriatrischen Setting befinden. Konsequent eingesetzt kann das CGA dazu beitragen, die im Krankenhaus erworbenen physischen und kognitiven Funktionseinbußen zu vermindern – und so auch die Kosten für Therapie und Sozialfürsorge zu senken.
Damit diese Leitlinie noch bekannter wird und Einzug in die medizinische Praxis hält, sind in naher Zukunft viele Aktionen vorgesehen: „Wir planen einen Artikel im Ärzteblatt und machen über unsere Social-Media-Kanäle auf die Leitlinie aufmerksam. Auf dem kommenden Gerontologie- und Geriatrie-Kongress in Kassel sowie auf dem europäischen EUGMS-Kongress in Valencia haben wir Symposien zum Thema angemeldet. Und wir haben auch schon Kontakt zu anderen Ländern geknüpft: Kollegen aus Dänemark überlegen bereits, ob sie unsere Leitlinie übersetzen lassen und nutzen können“, so Prof. Michael Denkinger, Koordinator der Leitlinie und President-elect der DGG. Sie sei außerdem eine von nur vier deutschsprachigen Leitlinien, die in der neuartigen MAGIC-App, einem webbasierten Leitlinien-Tool, genutzt werden können.
Die S3-Leitlinie „Umfassendes Geriatrisches Assessment (Comprehensive Geriatric Assessment CGA) bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten“ ist im AWMF-Leitlinienregister abrufbar.
Einen Überblick über die neue wegweisende Leitlinie gibt am 10. Juli von 13.15 bis 14 Uhr das öffentliche DGG-Webinar „Dauerbrenner Assessment – von der Evidenz endlich zur Umsetzung durch die S3-Leitlinie!“. Dr. med. Simone Brefka und Barbara Kumlehn stellen die neue Leitlinie vor. Das Webinar ist offen für alle Interessierte.
Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 12-2024. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!