Unter welchen Voraussetzungen darf eine Reparatur oder Prüfung eines Medizinproduktes außerhalb des Herstellers, also bei einer Fremdservicefirma, in Auftrag gegeben werden?

, Prof. Hans Böhme, Healthcare & Hospital Law
Recht, Versorgung, Politik & Wirtschaft

In der letzten Zeit kommt es häufiger vor, dass uns Herstellerfirmen mitteilen, „nur wir dürfen diese Reparatur oder Prüfung machen“. Die MDR „zwingt uns dazu auf Grund der Rückverfolgung der Fehlerquote“. „Die Prüffirma XY ist nicht berechtigt, eine Wartung durchzuführen“.

So erleben wir es gerade mit einem Hersteller für Defibrillatoren, laut dem unsere Prüffirma, welche für uns seit Jahren Prüfungen im quergemischten Medizintechnikfeld durchführt, keine offizielle Berechtigung hat, die STK an den Defibrillatoren durchzuführen. Unsere Prüffirma sagt „Wir können das“ und in der Vergangenheit haben die auch die Prüfungen bei uns durchgeführt. Ein Zertifikat genau für diesen einen DEFI Typ vom Hersteller liegt jedoch nicht vor.

Ein anderer Fall bezieht sich auf die Reparatur von flexiblen Endskopen. Hier haben wir von einem Hersteller einen Kostenvoranschlag vorliegen für eine mittlere 5 Stellige Summe. Eine Dienstleisterfirma, welche sich auf die Reparatur von Endoskopischen Geräten spezialisiert hat, bietet uns ebenfalls eine Reparatur an für 20.000€ weniger als der Hersteller.-Auf Nachfrage werden keine originalen Ersatzteile verbaut, sondern die Ersatzteile selbst hergestellt nach den OEM Spezifikationen. Also die Firma sagt „wir verbauen unsere eigenen Teile, aber die sind in originaler Herstellerqualität“. Auf Wunsch hat die Firma mir ein Zertifikat übermittelt, dass diese nach ISO 13485 zertifiziert sind und ein vom Vertrieb ausgestelltes Schreiben, dass diese befähigt sind.

Es stellt sich nun die Frage, wie in solchen Situationen vorgegangen werden kann. Bis zur welcher Grenze muss sich der Betreiber davon überzeugen, dass die Servicefirma die Arbeiten genau so durchführen kann wie der Hersteller. Ist die Aussage vom Hersteller „nur wir dürfen das“ überhaupt rechtlich zulässig? Welche Zertifikate und Nachweise kann/muss ich einfordern? Die Hersteller geben ja häufig keine klare Freigabe für Servicefirmen und berufen sich mittlerweile immer auf die MDR. Diese regelt aber ja für uns Betreiber zunächst recht wenig und ich konzentriere mich eher auf die MPBetreibV und das MPDG.

Zwischen Herstellerverantwortung und Betreiberverantwortung gibt es eine klare Abgrenzung dergestalt, dass der Hersteller für das Inverkehrbringen und für die Marktbeobachtung sowie Vigilanz haftet, während der Betreiber das Betreiben, Anwenden und Instandhalten eines Medizinprodukts zu verantworten hat und an der Marktbeobachtung und Vigilanz mitwirken muss. Während die eigentlichen Betreiberpflichten in der MPBetreibV geregelt sind, und zwar abschließend und nicht etwa unter Einbeziehung der MDR und der IVDR, ist die Beteiligung an der Marktbeobachtung im MPDG und in der MPAMIV normiert.

Beide Verantwortungsbereiche – hier Hersteller, da Betreiber – stehen nebeneinander und sind über die staatliche Überwachung miteinander verbunden. Hersteller haben als Privatpersonen oder als private juristische Personen keinerlei Anordnungsbefugnisse gegenüber Betreibern. Das ist alleinige Zuständigkeit der hoheitlich tätig werdenden staatlichen Ordnungsbehörde.

Mit der Übergabe des Medizinprodukts vom Hersteller oder Herstellerverantwortlichen an den Betreiber gehen sämtliche Rechte und Pflichten auf den Betreiber über, der selbst entscheidet, was gemacht wird. Der Hersteller kann empfehlen, muss im Rahmen der Marktbeobachtungspflicht eventuell warnen, hat aber keinerlei Zugriffsrechte auf das Medizinprodukt.

Herstellerfirmen haben kein Recht, zu verlangen, dass nur sie Reparaturen oder Prüfungen durchführen dürfen. Hierzu gibt es keine Rechtsgrundlage. Es entscheidet einzig und allein der Betreiber des Medizinprodukts, der beauftragen kann, wer nach § 5 MPBetreibV geeignet ist, was sich durch den Fachkundenachweis dokumentarisch absichern lässt.

Daran ändert nichts die Rückverfolgungspflicht der Fehlerquote durch den Hersteller nach der MDR, die mit dem Thema Instandhaltungspflichten der Betreiber nicht das Geringste zu tun hat.

Wer die Prüfung durchführt, geht den Hersteller nichts an. Wenn er Zweifel an der Berechtigung der Prüffirma hat, kann er wettbewerbsrechtlich gegen die Prüffirma vorgehen, was der Hersteller auch machen würde, wenn er Erfolgsaussichten hätte. Da er keine hat, behauptet er es einfach gegenüber dem Betreiber, Wer bisher erfolgreich beauftragt wurde, kann auch weiterhin beauftragt werden. Da ändert das neue Medizinprodukterecht nichts.

Wer Ersatzteile “nachbaut”, also selbst herstellt, muss die Voraussetzungen der MDR oder IVDR erfüllen. Das Herstellen nach den OEM -Spezifikationen bedeutet, dass die Teile oder Systeme gemäß den Spezifikationen und Anforderungen des Kunden produziert werden. Wenn das den Hersteller des Medzinprodukts nicht passt, kann er gegen die Dienstleistungsfirma wettbewerbsrechtlich vorgehen, was er auch täte, hätte es genügend Erfolgsaussichten. Somit darf der Betreiber selbstverständlich die Dienstleistungsfirma beauftragen.

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