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Einen Wechsel der Perspektive im Versorgungssystem, mit dem die betroffene Person und ihre Familie in den Mittelpunkt gestellt wird – mit dieser Forderung eröffnete Monika Kaus, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG), den 12. Kongress der Gesellschaft in Fürth unter dem Motto „Demenz: Hinsehen. Helfen. Handeln“ vor rund 600 Teilnehmenden. „Wir brauchen eine Haltung, die Ressourcen wahrnimmt, stärkt und unterstützt“, ergänzte sie. Unter anderem darüber, wie das gelingen kann, sprachen später die Mitglieder des Beirats „Leben mit Demenz“ der DAlzG. Sie berichteten von ihren vielfältigen Strategien für ein „positives Leben mit Demenz“ und plädierten unter anderem für mehr Offenheit – gegenüber neuen Möglichkeiten, zum Beispiel dem Einsatz Künstlicher Intelligenz, aber auch mit der Krankheit und damit, wo und wann Hilfe willkommen ist und wann nicht.
Gegen Ende des ersten Kongress-Tages ging es dann noch um Hoffnungen und Grenzen der neuen Anti-Amyloid-Antikörper, die zwar das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen, sie aber nicht heilen können – und das bei teils massiven Nebenwirkungen. Die vortragenden Mediziner wiesen darauf hin, dass nach neuesten Untersuchungen bis zu 45 Prozent aller Demenzen vermieden werden könnten, wenn das Potenzial von Prävention voll ausgeschöpft würde – daher sollten die Anstrengungen in diesem Bereich denen bei der Entwicklung neuer Medikamente gleich sein.
Zentrale Forderung im Symposium „Demenzstrategien in Bund und Land“ am zweiten Kongresstag war die stärkere Einbindung von Menschen mit Demenz und Angehörigen in die Entwicklung von Demenzstrategien. Dazu sei es aber notwendig, Arbeitsprozesse zu überdenken und anzupassen, damit die Betroffenen auch tatsächlich mitwirken könnten und nicht an Strukturen scheiterten, so der Tenor der Veranstaltung. Dabei würden auch die Profis fachliche Unterstützung benötigen. Das gelte sowohl für die Nationale Demenzstrategie als auch für die Demenzstrategien, die auf Länderebene (weiter-)entwickelt und umgesetzt würden.
Ein zukunftsweisendes Projekt in der ambulanten Versorgung stellte Jennifer Geyer von der Universität Halle vor. „Dementia Care Nurses“ sind speziell ausgebildete Fachkräfte, die in sechs Landkreisen in Sachsen-Anhalt eingesetzt wurden, um Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen zu unterstützen. Sie besuchten die Betroffenen zu Hause und halfen je nach Bedarf beispielsweise bei der Beantragung eines Pflegegrads oder von Pflegehilfsmitteln, der Organisation eines Pflege- oder Betreuungsdienstes, Tagespflege oder Ergotherapie. Dadurch konnte die Versorgung wesentlich verbessert werden. Die genannten Aufgabenbereiche sind in anderen Bundesländern oftmals bei Pflegestützpunkten angesiedelt, die es in Sachsen-Anhalt allerdings nicht gibt. Die Ausbildung von Dementia Care Nurses könnte daher auch für andere Bundesländer ohne Pflegestützpunkte hilfreich sein. Allerdings gibt es bisher keine Regelfinanzierung für ein solches Angebot.
Weitere Themen am zweiten Kongresstag waren unter anderem Menschen mit beginnender Demenz und jüngere Betroffene, die abnehmende Zahl an Pflegekräften und Maßnahmen zur Sicherung der Pflege und das Zulassen von (weißer) Trauer als Ausdruck der Liebe. Im Symposium „Raus ins Grüne: Natur und Demenz“ ging es dann um verschiedene Ansätze, Menschen mit Demenz Naturerlebnisse zu ermöglichen.
Eine Podiumsdiskussion zum Thema „Demenz und Einsamkeit“ läutete den letzten Kongresstag ein. Unter anderem wurde in der Einführung deutlich, dass gerade pflegende Angehörige doppelt so häufig von Einsamkeit betroffen sind wie Nicht-Pflegende. Viele Angehörige fühlen sich auch mit ihren Erfahrungen mit den Veränderungen eines Erkrankten einsam – Angehörigengruppen können hier Hilfe bieten. Außerdem wurden am letzten Kongresstag besonders herausragende und kreative Projekte ausgezeichnet und die Forschungsförderung der DAlzG vergeben: Ein Bienengarten, in dem sich Menschen mit Demenz und Schulkinder begegnen, ein buntes Freizeit- und Aktivitätsangebot für jung an Demenz erkrankte Menschen und ihre Angehörigen, und eine Box, die dabei helfen kann, sich über Liebe und Intimität auszutauschen –damit beschäftigen sich die Projekte, die mit einem Preis der Deutschen Alzheimer Gesellschaft ausgezeichnet wurden. Jedes Projekt stellte sich mit einem kurzen Video vor. Diese Videos sowie weitere eingereichte Projekte sind auf der Kongress-Homepage zu finden.
Der medhochzwei-Verlag war als Medienpartner des Kongresses mit einem Stand vor Ort und bot Einblick in das umfangreiche Verlagsprogramm rund um die Themen Demenz, Alzheimer und Altern. Die Kongressthemen werden auch im vierteljährlich erscheinenden Alzheimer Info, der Mitgliederzeitung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, aufgegriffen.
Der 13. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft findet am 15.-16.10.2026 in der Messe Magdeburg statt.
Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 17-2024. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!