Stationäre Krankenhaus-Behandlung in Deutschland im Vergleich preiswert

24.02.2025, Sven C. Preusker
Politik & Wirtschaft, Versorgung

Alles wird teurer, so das allgemeine Gefühl – doch bei den Kosten für die stationäre Krankenhausbehandlung ist das in Deutschland, zumindest im Vergleich mit anderen europäischen Ländern und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP), nicht der Fall. Das ist eines der Ergebnisse eines jetzt veröffentlichten Gutachtens des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI). Nach einer Spitze mit 3,3 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2020 lag der Anteil der originären (kurativen) Krankenhausausgaben 2022 nur noch bei drei Prozent. Die Gesundheitsausgaben insgesamt allerdings waren mit 12,6 Prozent vom BIP 2022 nach wie vor mit die höchsten in Europa. Auch als Anteil an den GKV-Leistungsausgaben gehen die Kosten für die Krankenhausbehandlung zurück – waren es 2010 noch 36 Prozent, lag der Anteil 2023 nur noch bei knapp 33 Prozent. Allerdings sind die GKV-Leistungsausgaben in diesem Zeitraum auch um 75 Prozent oder 123,7 Milliarden Euro auf 288,6 Milliarden Euro gestiegen.


Deutsche Gesundheitsausgaben insgesamt und Ausgaben für Krankenhäuser in % des BIP seit 2010. Quelle: Deutsches Krankenhausinstitut

Bei genauerer Betrachtung habe sich die Entwicklung der Krankenhausausgaben und der Gesundheitsausgaben am BIP schon seit dem Jahr 2015 voneinander entkoppelt, heißt es in der Untersuchung. Während die Krankenhausausgaben am BIP zwischenzeitlich sogar leicht gesunken seien, seien die gesamten Gesundheitsausgaben am BIP in den Jahren 2015, 2018 und 2019 jeweils moderat gestiegen, im Jahr 2022 lagen sie mit 12,6 Prozent einen knappen Prozentpunkt höher als 2019. Als Grund für den steigenden Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP macht das DKI auch die schwächelnde Wirtschaft insgesamt aus – insbesondere seit der Corona-Pandemie sei die Entwicklung des BIP unterproportional.

Der Blick ins europäische Ausland

Im europäischen Vergleich habe Deutschland weder unverhältnismäßig stark steigende Gesundheitsausgaben noch ein teures Krankenhauswesen, so die DKI-Forscher. Fast alle vergleichbaren westeuropäischen Länder würden bereits seit Jahrzehnten, gemessen an ihrem Bruttoinlandsprodukt (BIP), deutlich mehr Geld für die Krankenhausversorgung ausgeben. Der Anteil der Krankenhausausgaben an den gesamten Gesundheitsausgaben in Deutschland sei mit etwa 25 Prozent niedriger als in allen relevanten Nachbarstaaten. Deutschland sei bei den Ausgaben für die Krankenhausversorgung im europäischen Vergleich eines der ‚Schlusslichter‘, heißt es im Gutachten. Der Anteil der Krankenhausausgaben am BIP liege mit Ausnahme des „Pandemie-Jahrs“ 2020 stabil bei ca. drei Prozent und damit auch aktuell weiterhin deutlich unter dem Niveau Frankreichs (3,6 Prozent), Österreichs (3,7 Prozent) oder Dänemarks (4,2 Prozent). Nur Norwegen (2,6 Prozent) hat gemessen am BIP geringere Krankenhauskosten, was jedoch maßgeblich auf das außergewöhnlich hohe BIP pro Kopf zurückgeführt werden kann.


Krankenhausausgaben in % des BIP im europäischen Vergleich im Jahr 2022. Quelle: Deutsches Krankenhausinstitut

Dabei seien in Deutschland die ambulanten Versorgungsmöglichkeiten durch Krankenhäuser nicht in dem Umfang wie in anderen Ländern gegeben, weswegen viele Patienten stationär versorgt würden, so das DKI. Ein durchschnittlicher stationärer Krankenhausfall kostete Jahr 2022 in Deutschland rund 6.100 Euro und damit umgerechnet mehr als 2.000 Euro weniger als beispielsweise in der Schweiz. Finnland bildet mit Kosten von knapp 4.100 Euro pro Fall eine Ausnahme. Allerdings wird in Deutschland auch eine große Zahl an Patienten im Krankenhaus behandelt, die gut ambulant versorgt werden könnte – die Schwere der stationären Fälle dürfte somit im Durchschnitt niedriger sein, was eben auch niedrigere Kosten bedeuten würde.

Schaut man auf die Teilbereiche der Ausgaben für Krankenhäuser (stationäre Behandlung, krankenhausambulante Behandlung und die Behandlungsformen „Day- and Homebased“) zeigt sich, dass Deutschland, insbesondere im Vergleich zu den skandinavischen Ländern sowie den Niederlanden, mehr Geld für die stationäre als für die krankenhausambulante Versorgung ausgibt. Dabei seien die höheren stationären Ausgaben eindeutig auf die im Vergleich deutlich überproportionale Zahl an stationären Behandlungen zurückzuführen, heißt es in der Untersuchung. Diese Zahl liegt in Deutschland bei knapp 195 pro 1.000 Einwohner – nur Österreich kommt mit 192 Fällen pro 1.000 Einwohner da heran, in den weiteren Vergleichsländern liegt die Zahl der stationären Krankenhausfälle durchweg bei unter 150 pro 1.000 Einwohner. 

Die Studie steht hier zum Herunterladen zur Verfügung.

DKG: Krankenhäuser sind keine Kostentreiber

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht in den Ergebnissen deutlich dargelegt, dass die Krankenhäuser in Deutschland nicht die Kostentreiber im Gesundheitssystem sind. „Krankenhäuser sind weder Kostentreiber der Gesundheitsausgaben, noch ist das deutsche Krankenhaussystem besonders teuer. Das Gegenteil ist der Fall, auch wenn Bundesminister Lauterbach und andere diese Legende wider besseres Wissen weiterhin verbreiten“, so der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß. Schon aufgrund der strukturellen Unterfinanzierung seien die deutschen Krankenhäuser dazu gezwungen, außerordentlich effizient zu arbeiten. „Wir sind mittlerweile aber an einem Punkt angekommen, an dem das System beginnt zu kippen. Immer mehr Kliniken, Abteilungen und Stationen drohen aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen zu werden. Die sechs Standorte des DRK in Rheinland-Pfalz sind dafür das aktuellste Beispiel. Es muss jetzt gehandelt werden, wenn es die politisch Verantwortlichen im Bund und den Ländern mit ihrer Verantwortung für die flächendeckende Gesundheitsversorgung ernst meinen“, so Gaß – ansonsten würden Wartelistenmedizin und weite Wege für die Patienten auch im Notfall drohen.

Gaß appellierte an den geschäftsführenden Gesundheitsminister, in den wenigen verbleibenden Wochen den von ihm selbst eingeschlagenen Weg der ökonomischen Auszehrung der Krankenhäuser zu beenden. „Tut er das nicht, hinterlässt er seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin einen Scherbenhaufen, den er mit seiner immer wieder auf falschen Fakten begründeten Politik verursacht hat“, so der DKG-Vorstandsvorsitzende. 

Die DKG hatte kurz nach dem Ende der jetzigen Regierungskoalition zentrale Forderungen und Erwartungen an eine neue Bundesregierung formuliert. Sofortiges Handeln sei nötig, hieß es. Die Forderungen umfassen drei zentrale Punkte – erstens müsse insbesondere die flächendeckende Patientenversorgung durch wirtschaftliche Stabilität während der Transformation in die neue Krankenhausstruktur sichergestellt werden. Zweitens fordert die DKG, bei den noch zu verabschiedenden Rechtsverordnungen für die Personal- und Strukturvorgaben der neuen Krankenhausplanung nicht dem überstürzten Zeitplan des Bundesgesundheitsministeriums zu folgen. Das Arbeitsgremium, das die Vorgaben erstellen solle, solle sich bis Ende April eine Geschäftsordnung geben. Die Rechtsverordnung solle aber schon Ende März fertig sein. Die Inhalte der Rechtsverordnungen würden darüber entscheiden, welche Gestaltungsspielräume den Ländern bei ihrer Krankenhausplanung zukünftig noch zur Verfügung stehen, so die DKG. Drittens müsse zwingend die Vorhaltefinanzierung ausgesetzt werden, da deren aktuelle Fassung jegliche Planung erschwere, die sich am Versorgungsbedarf ausrichtet. Auch die Verantwortlichen in den Kliniken würden sagen, dass diese Vorhaltefinanzierung in keiner Weise helfen werde, so die DKG. „Es gibt keine positiven finanziellen Auswirkungen, es gibt keine Stabilisierung ihrer finanziellen Lage. Nur gerade fünf Prozent der Befragten in den Kliniken gehen davon aus, dass die Vorhaltefinanzierung zu einer gesicherten finanziellen Lage führen wird“, sagte Gaß. 

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 03-2025. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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