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Nachdem der neue Bundestag gewählt ist und der alte Bundestag nun das wohl größte Schuldenpaket aller Zeiten beschlossen hat, warten auf die neue Regierung immens große Aufgaben – auch und gerade im Bereich der Gesundheitsversorgung, die im Wahlkampf und den Parteiprogrammen deutlich unterrepräsentiert war. Damit ist jetzt die Zeit, Ideen und Forderungen für die kommende Legislaturperiode einzubringen, damit die Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung auch in den kommenden Jahren unter den sich wandelnden demografischen Bedingungen und trotz des wachsenden Personalmangels noch funktioniert. Das hat unter anderem der Bundesverband Managed Care (BMC) getan, der neben der Reform der Notfallversorgung und der Krankenhausstruktur fordert, die Primärversorgung als eine dritte gesundheitspolitische Strukturreform in der neuen Legislatur auf die gesundheitspolitische Agenda zu setzen. Ein leistungsfähiges Primärversorgungssystem sei das Fundament einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung.
„Wir brauchen endlich klare Rahmenbedingungen für ein Primärversorgungssystem, das alle Akteure verbindet, das den Zugang zur Versorgung sichert und eine effektive Patientensteuerung gewährleistet“, so Prof. Dr. Lutz Hager, Vorstandsvorsitzender des BMC. Es gehe dabei um ein ganzheitliches System, das Patienten, Ärzte und weitere Gesundheitsberufe gleichermaßen einbinde und aufeinander abgestimmte, passgenaue Lösungen für eine koordinierte Versorgung biete. Der BMC fordert Politik und Akteure im Gesundheitswesen mit dem Aufruf „Primärversorgung mit System“ dazu auf, jetzt gemeinsam die richtigen Weichen dafür zu stellen.
Primärversorgung sei der Schlüssel für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung, die digitale und analoge Ansätze ebenso verbinde wie Krankheitsbehandlung und Gesunderhaltung, heißt es in dem Papier. Damit dafür neben Hausärzten grundversorgende Fachärzte, Pflegedienste, Apotheken und weitere Beteiligte koordiniert zusammenwirken könnten, müssten die Versorgungsaufträge weiterentwickelt und besser aufeinander abgestimmt werden. Ein strukturiertes Primärversorgungssystem ermögliche den bestmöglichen Einsatz von begrenzten Ressourcen und eine effiziente Patientensteuerung entlang klar definierter Versorgungspfade. Zwar gebe es bereits heute erfolgreiche Modelle, darunter integrierte Primärversorgungszentren, teambasierte hausarztzentrierte Versorgung und Ärztenetze, die eine wirksame Koordinierung anbieten, so der BMC. Klare gesetzliche Rahmenbedingungen würden allerdings nach wie vor fehlen. Ein zukunftsfähige Grundversorgung sei entscheidend, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Gesundheitsversorgung zurückzugewinnen. Ein Primärversorgungssystem schaffe die Grundlage für eine vernetzte, digital unterstützte und teambasierte Zusammenarbeit.
Als Eckpunkte eines Primärversorgungssystems nennt der Verband unter anderem eine Verbindliche Patientensteuerung und -orientierung, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Patienten, Praxen und Leistungserbringer klar strukturiert und effizient organisiert. Dabei solle die Versorgung in innovativen und regionalen Strukturen stattfinden – besonders in unterversorgten ländlichen Regionen und urbanen Brennpunkten könnten berufsübergreifende Primärversorgungszentren eine zentrale Rolle spielen, so der Verband. Entscheidend seien dabei enge Zusammenarbeit und regionale Gestaltungsfreiheit. Die Etablierung neuer Gesundheitsberufe und mehr Kompetenzen für die Pflegeberufe würden in diesen Strukturen helfen, die hausärztliche Versorgung zu entlasten und ärztliche Ressourcen schonen. Außerdem soll die Primärversorgung der Zukunft digitale und analoge Ansätze auf Augenhöhe verknüpfen – sei es durch eine digital gestützte, strukturierte Ersteinschätzung als „digitale Eintrittstür“ oder durch digitale Behandlungspfade, so der BMC. Eine transparente Kommunikation ermögliche dabei, Patienten stärker einzubeziehen.
Bessere Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe durch neue Kooperationskultur
In einem weiteren Impulspapier, das unter dem Titel „Team Gesundheit: Gemeinsam Versorgen im Continuum of Care“ veröffentlicht wurde, betont der Verband die Bedeutung einer besseren interprofessionellen Zusammenarbeit als Schlüssel zu einer effizienten und patientenorientierten Versorgung. Starre Berufsgrenzen und traditionelle Hierarchien würden noch immer das Gesundheitswesen prägen und die optimale Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsberufen verhindern. Angesichts zunehmend komplexer Versorgungsstrukturen und drängender Herausforderungen wie Fachkräftemangel und Kostendruck sei aber heute eine enge Kooperation unverzichtbar. „Wir müssen das bisherige Paradigma der strikten Abgrenzung zwischen den Gesundheitsberufen hinter uns lassen“, so der BMC-Vorstandvorsitzende Hager. „Nur wenn wir vorhandene Überlappungen in Wissen und Kompetenzen nutzen, können wir personelle Engpässe bewältigen und die Patientenversorgung verbessern.“
Das Impulspapier fordert daher eine neue Kooperationskultur, die den interprofessionellen Austausch stärkt und die Vielfalt der Gesundheitsberufe als Chance begreift. Kompetenzen sollten dort zum Einsatz kommen, wo sie am dringendsten benötigt werden, anstatt an Berufsgrenzen zu scheitern.
Um dies zu erreichen, brauche es eine stärkere Nutzung bewährter interprofessioneller Methoden wie Shared Decision Making und Fallkonferenzen sowie einen gemeinsamen Zugriff auf die elektronische Patientenakte (ePA). Gleichzeitig müssten die Rahmenbedingungen angepasst werden: Vergütungsmodelle sollten kooperative Leistungserbringung fördern, während Gesundheitsberufe entsprechend ihrer Qualifikationen größere Befugnisse erhalten. Nur so lasse sich eine patientenorientierte und zukunftsfähige Versorgung sicherstellen, ist der Verband überzeugt.
Kommunale Gesundheitsversorgung unter Druck
Wie stark die kommunale Gesundheitsversorgung insbesondere in ländlichen Regionen unter Druck steht, darum ging es bei einer Veranstaltung des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) und des Bosch Health Campus. Unter dem Titel „Gesundheit in der Kommune“ wurden mögliche Lösungen aufgezeigt.
Die bisherige Ausrichtung der Primärversorgung reiche nicht aus, sondern müsse stärker auf Gesundheitsförderung und Prävention setzen, Sektorengrenzen überwinden und Aufgaben neu verteilen, so der Verband. Im Zuge der aktuellen Gespräche zwischen CDU und SPD müsse die notwendige grundlegende Reform der Gesundheitsversorgung Thema werden. Sie dürfe angesichts der anstehenden Herausforderungen und Kosten, die auf Deutschland zukommen, nicht wieder unter den Tisch fallen.
Der DBfK sieht dabei die professionelle Pflege als Schlüssel zu einer besseren und kosteneffizienten Versorgung, die an den konkreten Gesundheitsbedarfen der Menschen vor Ort ausgerichtet ist. Internationale Erfahrungen würden zeigen, dass speziell qualifizierte Pflegefachpersonen wie Community Health Nurses entscheidend zur Entlastung des Gesundheitssystems beitragen könnten. „Wenn wir die professionelle Pflege stärken, stärken wir die Kommunen. Prävention und Gesundheitsförderung sind keine Kostentreiber – sie sparen Geld, weil sie Pflegebedürftigkeit hinauszögern und Krankenhausaufenthalte vermeiden“, so Bernadette Klapper, Bundesgeschäftsführerin des DBfK.
Der DBfK appelliert an die künftige Regierung, mutige Reformen nicht auf die lange Bank zu schieben. Die Primärversorgung brauche gut ausgebildete Pflegefachpersonen mit erweiterten Kompetenzen – für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung in Stadt und Land. „Eine starke Gesundheitsversorgung ist gut für den gesellschaftlichen Zusammenhalt – und diesen brauchen wir in Zeiten globaler Krisen mehr denn je“, so Klapper.
Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 5/2025. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!