Bundesrat fordert Überbrückungsfinanzierung für Kliniken

02.06.2025, Sven C. Preusker
Politik & Wirtschaft, Krankenhaus


 

Die Krankenhäuser haben es immer wieder gefordert – nun zieht der Bundesrat mit: Am 23. Mai hat die Ländervertretung einen Antrag des Landes Brandenburg, unterstützt von den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen, angenommen, mit dem eine Überbrückungsfinanzierung zur Stabilisierung der Krankenhauslandschaft im Transformationsprozess gefordert wird. 

Mit der Entschließung wird die Bundesregierung aufgefordert, zusätzliche Mittel für den Übergangszeitraum, bis die Reform vollständig greift, zur Verfügung zu stellen. Zudem wird der noch immer fehlende Inflationsausgleich für die Kliniken für die Jahre 2022 und 2023 gefordert. Mit dem Beschluss bittet der Bundesrat die Bundesregierung, zeitnah zu beiden Punkten einen Vorschlag vorzulegen. 

Die „Entschließung des Bundesrates zur notwendigen Überbrückungsfinanzierung zur Stabilisierung der Krankenhauslandschaft im Transformationsprozess der Krankenhausreform“ fordert konkret einen Inflationsausgleich für die Jahre 2022 und 2023, um die nicht refinanzierten Kostensteigerungen auszugleichen. Es sei aus diesem Grund eine Erhöhung des Landesbasisfallwerts um vier Prozent angezeigt, heißt es in dem Antrag. Außerdem seien zur Unterstützung der Krankenhausstandorte im anstehen Strukturwandel weitere Maßnahmen des Bundes erforderlich. Der Bund habe zusätzliche Mittel im Übergangszeitraum bereitzustellen, bis die Finanzierungsreform vollständig greife. In Anbetracht der finanziell angespannten Situation der meisten Kliniken bedürfe es weiterer Unterstützung zur Stabilisierung der Krankenhausversorgung. Damit solle ein kalter Strukturwandel und eine Gefährdung der flächendeckenden Versorgung verhindert werden.

Die brandenburgische Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos) sagte im Bundesrat: „Wir alle arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung der Krankenhausreform, bei der an einigen Stellen noch weitere Nachbesserungen notwendig sind. Der Handlungsbedarf ist unübersehbar, und viele zentrale Fragen sind noch ungeklärt. Die Rückmeldungen aus den Krankenhäusern verdeutlichen die Schwächen des bislang nur theoretisch entwickelten Reformmodells. Sie schildern eindrücklich die Herausforderungen in der Praxis und fordern Unterstützung.“ Es sei ein wichtiges Signal, dass die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag die Bedeutung verlässlicher Versorgungsstrukturen anerkenne. Worte allein würden allerdings nicht reichen – der Bund müsse seiner Verantwortung auch konkret gerecht werden. „Die Folgen der jahrelangen strukturellen Unterfinanzierung sind deutlich sichtbar und höchst alarmierend. Das Fundament, auf dem die Krankenhausreform aufbauen soll, weist bereits tiefe Risse auf. Diese Finanzierungslücken gefährden nicht nur einzelne Standorte – sie bedrohen zunehmend das gesamte System. Wenn vier von fünf Krankenhäusern im laufenden Jahr mit einem Defizit rechnen und zwei Drittel sogar eine weitere Verschlechterung erwarten, handelt es sich nicht um Ausnahmen, sondern um ein strukturelles Problem, das uns alle betrifft. Um das Fundament der stationären Versorgung zu stabilisieren, braucht es dringend einen strukturellen Inflationsausgleich.“

Müller benannte die branchenspezifische Inflation als das Problem, mit dem alle Kliniken zu kämpfen haben – dies werde unzureichend berücksichtigt. „Die Personal- und Sachkostensteigerungen im Krankenhaus liegen deutlich über der jahresdurchschnittlichen Inflation in Deutschland. Sollte die Betriebskostenunterfinanzierung nicht beseitigt werden, wird es unweigerlich zu noch mehr Insolvenzen als bisher kommen“, so Müller.

Für eine nachhaltige Stabilisierung im laufenden Transformationsprozess sei zusätzlich eine bundesweit abgestimmte Überbrückungsfinanzierung unerlässlich. Nur so könnten die Ziele der Reform erreicht und die flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung gesichert werden. Die angekündigte Soforthilfe des Bundes für Krankenhäuser dürfe nicht bei vagen Absichtserklärungen stehen bleiben. Es brauche schnell klare Zusagen und einen umsetzbaren, pragmatischen Vorschlag. „Genau dazu ruft der Antrag auf“, so Müller.

Der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zufolge haben rund 80 Prozent der Standorte das vergangene Jahr mit einem negativen Ergebnis abgeschlossen (Krankenhaus-Barometer 2024). Gründe sind vor allem die Preissteigerungen bei den Personal- und Sachkosten, die in den vergangenen Jahren über den maximal möglichen Steigerungen des sogenannten Landesbasisfallwerts lagen. Das hat zu einer strukturellen Unterfinanzierung der Kliniken beigetragen. 
 

Zurück in wirtschaftlich sicheres Fahrwasser?

Man begrüße und unterstütze den Beschluss des Bundesrats zum sofortigen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser in der Form eines vierprozentigen Aufschlags auf die Landesbasisfallwerte, hieß es von der Krankenhausgesellschaft. Deren Vorstandsvorsitzender Dr. Gerald Gaß sagte: „Der Beschluss der Länderkammer spiegelt die reale Situation in den Krankenhäusern wider.“ Die Kliniken würden seit 2022 unter den immensen Preissteigerungen und den erhöhten Kosten ächzen. „Der Beschluss des Bundesrats ist ein starkes Signal an die neue Bundesregierung, die inflationsbedingte Finanzierungslücke der Krankenhäuser jetzt umgehend zu schließen und die Kliniken so wieder in wirtschaftlich sicheres Fahrwasser zurückzubringen. Es zeigt auch, dass es richtig ist, zentrale Verantwortung für die Krankenhäuser bei den Ländern zu belassen. Koalitionsvertrag und Gesundheitsministerin Nina Warken haben bereits Signale in die richtige Richtung ausgesendet. Wir rechnen fest damit, dass der Inflationsausgleich zeitnah kommt und die Krankenhäuser nach drei Jahren Unsicherheit wieder planbar ihre Aufgaben erfüllen können.“

Im Koalitionsvertrag hat die neue Regierungskoalition festgeschrieben, dass „die Lücke bei den Sofort-Transformationskosten aus den Jahren 2022 und 2023“ und der bisher für die GKV vorgesehe Anteil für den Transformationsfonds aus dem Sondervermögen Infrastruktur finanziert werden sollen. Die Grundlage dafür wurde im Ergebnispapier der AG Gesundheit und Pflege gelegt: „Um die finanzielle Stabilität der bedarfsnotwendigen Krankenhäuser zu sichern, schließen wir die Lücke aus den Jahren 2022 und 2023 in deren Betriebskostenfinanzierung.“ Dafür sind laut des Papiers vier Milliarden Euro vorgesehen – 2,5 Milliarden im laufenden Jahr, 1,5 Milliarden 2026.
 

Ärzteverband fordert grundlegende Nachbesserung der Krankenhausreform

Der Marburger Bund (MB) hat derweil eine Anpassung des nicht mehr haltbaren Zeitplans der Krankenhausreform und Korrekturen insbesondere an der geplanten Krankenhausfinanzierung gefordert. In einem jetzt veröffentlichten Thesenpapier skizziert der Verband den Handlungsbedarf und legt konkrete Vorschläge zur Nachbesserung des Reformgesetzes vor.

„Die Umsetzung der Reform mit ihren finanziellen und strukturellen Veränderungen erfolgt über einen längeren Zeitraum. Diese Zeit sollte für Korrekturen und Verbesserungen genutzt werden, weil einige der angekündigten Ziele gar nicht oder nur zum Teil erreicht werden“, konstatiert der Ärzteverband. Es müsse vermieden werden, dass eine noch zu erlassene Rechtsverordnung zu den Leistungsgruppen sinnvolle Veränderungen bei den Qualitätskriterien erst dann vorgibt, wenn die Bundesländer ihre Planung bereits abgeschlossen haben.

Die Qualitätskriterien inklusive der Begriffsdefinitionen müssten in der Gesamtheit zwingend vor Beginn der Prüfungen des Medizinischen Dienstes (MD) im September 2025 vorliegen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wird aufgefordert, vor der Freigabe der Prüfungsrichtlinie des MD eine entsprechende Festlegung vorzunehmen. 

Besondere Kritik übt der Verband an der vorgesehenen Kopplung der Vorhaltevergütung an Fallzahlen. „Damit wird genau jener Fehlanreiz perpetuiert, den das DRG-System schon lange verursacht hat“, heißt es in dem Thesenpapier. Stattdessen müsse Vorhaltung als eigenständiger Versorgungswert refinanziert und nicht weiter als Nebenprodukt von Mengenlogik behandelt werden.

Auch beim Thema Bürokratie mahnt der MB dringenden Handlungsbedarf an. Die Einführung von Leistungsgruppen und neuen Prüfverfahren erhöhe den administrativen Aufwand erheblich – besonders in kleinen und mittelgroßen Kliniken. „Es ist unverständlich, dass Krankenhäuser künftig vierteljährlich leistungsgruppenbezogen Arztzahlen melden sollen.“ Solche Pflichten müssten auf ein „sinnvolles Mindestmaß“ reduziert werden.

Darüber hinaus fordert der Verband gesetzliche Anpassungen, um die Facharztweiterbildung auch im reformierten System abzusichern. Aufgrund zunehmender Spezialisierung werde es in Zukunft oft nicht mehr möglich sein, in einzelnen Krankenhäusern alle Weiterbildungsinhalte einer Fachrichtung vollständig abzubilden. Deshalb müsse es erleichtert werden, in Weiterbildung befindliche Ärzte auf Grundlage eines einheitlichen Arbeitsvertrags zeitweise an andere Häuser zu überlassen – ohne durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz blockiert zu werden.

Die im Koalitionsvertrag angekündigte Möglichkeit, Zwischenfristen anzupassen, bewertet der MB als Chance. „Die bereits eingetretenen Verzögerungen – etwa beim InEK-Grouper oder der Leistungsgruppenverordnung – zeigen, dass der gesetzte Zeitplan der Realität hinterherhinkt. Diese Zeit muss jetzt für substanzielle Verbesserungen genutzt werden“, so der Appell des MB an die Politik.

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 9/2025. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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