Wissenswertes aus dem Gesundheitswesen: Nachrichten, Hintergründe, Interviews und mehr...
Branchenrelevante Informationen regelmäßig in Ihrem Postfach
![]()
Beim Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) hakt es momentan. Die ursprünglich für den 10. September vorgesehene Befassung des Bundeskabinetts mit dem Referentenentwurf wurde kurzfristig abgesagt. Das führte zu scharfer Kritik von praktisch allen Seiten – Krankenhaus- und Kassenverbände sprachen von einem fatalen Zeichen, das Schieben auf die lange Bank sei die schlechteste aller Möglichkeiten. Auch von Seiten vieler Bundesländer kam Kritik. Die Entscheidung, den Gesetzesentwurf nicht wie erwartet im Bundeskabinett zu behandeln, habe weitreichende Folgen für den gesamten Prozess der Krankenhausreform, sagte zum Beispiel der der niedersächsische Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD). Für die Krankenhäuser bedeutet die derzeitige Situation, dass sie weiterhin keine Planungssicherheit haben, momentan weiß niemand, ob die im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorgesehenen Fristen weiterhin gelten oder verschoben werden. Auch der Start des Transformationsfonds könnte durch die Verschiebung des Gesetzes gefährdet sein – laut KHVVG sind es noch die finanziell eh stark gebeutelten gesetzlichen Krankenversicherer, die die Hälfte der Mittel in den Fonds einzahlen müssten.
Ein zentraler Bestandteil des KHVVG sind die „sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen“ (SÜV), die auch unter der Bezeichnung „Level 1i-Kliniken“ bekannt sind. In einem gemeinsamen Impulspapier fordern jetzt drei Krankenhausträger, der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEKV) und die AOK Nachbesserungen bei den gesetzlichen Regelungen für diese neuen Gesundheitseinrichtungen, die als neuer Kliniktyp an der Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung im Zuge der Krankenhausreform eingeführt werden sollen.
Der Fokus dieser Häuser sollte stärker auf der ambulanten Versorgung mit Übernachtungsmöglichkeit statt auf der stationären Behandlung liegen, fordern die Asklepios Kliniken, die Sana Kliniken, der DEKV, die Thüringen-Kliniken und der AOK-Bundesverband in dem gemeinsamen Papier. Statt die sektorenübergreifenden Versorger zur Erbringung bestimmter akutstationärer Leistungen zu verpflichten, sollte der Leistungsumfang dieser Kliniken je nach regionalem Bedarf von den Planungsbehörden der Länder im Einvernehmen mit den Krankenhausträgern und den Landesverbänden der Krankenkassen festgelegt werden, heißt es in dem Papier. Wichtig seien dabei insbesondere Elemente zur stärkeren Ambulantisierung wie die ursprünglich im Referentenentwurf des KHVVG vorgesehene medizinisch-pflegerische Versorgung, betonen die beteiligten Verbände und Unternehmen. Auch die Ermächtigung zu hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung gemäß § 116a SGB V müsse dabei berücksichtigt werden, heißt es in dem gemeinsamen Impulspapier. Die Verpflichtung zur Erbringung akutstationärer Leistungen in § 115g SGB V, die mit dem Gesetz zur Krankenhausreform eingeführt worden ist, solle im Gegenzug entfallen.
Die Initiatoren formulieren in dem Impulspapier außerdem ihre Vorstellungen für die Vergütung – es brauche eine „verlässliche Finanzierungsbasis“. Effizienzgewinne durch Kostensenkung in der akutstationären Versorgung dürften nicht mit Ausgabensteigerungen bei den Versicherten einhergehen. Die Kosten für den Umbau von Kliniken zu SÜV sollten vollständig aus dem Transformationsfonds bezahlt werden.
Wenn in den neuartigen Versorgern ärztliche Leistungen erbracht werden, sollten laut Impulspapier ambulante ärztliche Leistungen nach dem Erweiterten Bewertungsmaßstab (EBM) und stationäre Leistungen nach dem DRG-System vergütet werden. Für medizinisch-pflegerische Leistungen, die den Kernbereich der Sektorübergreifenden Versorgungseinrichtungen bilden sollen, sollte ein Tagessatz verhandelt und zeitnah eine Kalkulation eingeführt werden. Mittelfristig sei es sinnvoll, eine Komplexitätsreduktion der Vergütungssysteme herbeizuführen, heißt es in dem Papier. Dass sich für ambulante Leistungen von Krankenhäusern eine Vielzahl von Vergütungssystemen etabliert habe, führe in der Praxis nur zu überflüssiger Bürokratie.
Die Initiatoren des Papiers sehen bei einer sinnvollen gesetzlichen Ausgestaltung in den sektorübergreifenden Versorgern große Potenziale für eine ambulant-stationäre Transformation: Sie könnten einen signifikanten Beitrag zur dringend notwendigen Einführung niedrigschwelliger Angebote an der Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung leisten. Die konsequente Ambulantisierung könne auch dazu beitragen, die Bettenauslastung wieder zu verbessern und von heute etwa 70 Prozent auf 80 bis 85 Prozent zu steigern. Effizienzgewinne könnten zur Stabilisierung oder gar Senkung der Versichertenbeiträge genutzt werden.
Gut die Hälfte der Krankenhäuser in Deutschland verfügten über weniger als 200 Betten, betonen die drei Klinikträger, der DEKV und der AOK-Bundesverband. Diese kleineren Kliniken stünden aufgrund von Personalmangel und geringer Auslastung unter einem dauerhaften wirtschaftlichen Druck und könnten als SÜV eine neue Perspektive bekommen. Zur Identifikation geeigneter Kliniken sei es notwendig, objektive Kriterien wie die Betriebsgröße, die Breite des Behandlungsspektrums und die Bettenauslastung zugrunde zu legen. Fachkliniken würden nicht dazuzählen und seien von der Auswahl ausgeschlossen, betonten die Partner. Perspektivisch brauche es zudem eine sektorenübergreifende Planung durch ein erweitertes Gremium, heißt es in dem Impulspapier. Hierzu seien die relevanten Akteure einzubinden und auf Landesebene „3+1-Gremien“ aus Kassenärztlicher Vereinigung, Landeskrankenhausgesellschaft und Krankenkassen unter Vorsitz der jeweils zuständigen Landesbehörde einzurichten.
Bei umfangreichen strukturellen Veränderungen der Versorgung stelle das Versorgungsmonitoring sicher, dass die jeweiligen regionalen Lösungen zu einer Verbesserung beitragen und ggf. korrigiert werden können, schreiben die Partner. Als Basis dafür könnten überwiegend Abrechnungsdaten genutzt werden, die ohnehin vorliegen. Eine bürokratische Mehrbelastung könne somit vermieden werden. Die Ergebnisse dieses Monitorings sollten in geeigneter Form veröffentlicht werden, denn Transparenz könne die Akzeptanz für den Umbau der Versorgungslandschaft erhöhen.
Das Papier steht unter https://www.aok.de/pp/bv/pm/impulspapier-sektorenuebergreifende-versorgung zum Herunterladen zur Verfügung.
Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 15/2025. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!