SPV-Reform: Pflegegrade sollen bleiben

16.10.2025, medhochzwei
Pflege, Politik & Wirtschaft


 

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ hat Mitte Oktober die ersten Zwischenergebnisse der Fachebene für eine Reform der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) besprochen.

Die Minister und Senatoren stimmen laut ihres Beschlusses darin überein, dass die soziale Pflegeversicherung auch nach der anstehenden Pflegereform als Umlage- und Teilleistungssystem ausgestaltet bleiben soll. Erforderlich seien dabei Lösungen, um die bei einem Teilleistungssystem weiterhin bestehenden Eigenanteile zu begrenzen bzw. deren Anstieg zu dämpfen. Mit dem Beschluss wurde die Fach-AG Finanzierung beauftragt, die Handlungsoptionen weiter auszuarbeiten, den Finanzbedarf zu beziffern und bis zur Abschlusssitzung im Dezember 2025 konkrete Vorschläge als Eckpunkte für eine Reform vorzulegen. Diese sollen die finanzielle Tragfähigkeit der SPV nachhaltig verbessern, Effizienzpotenziale sollen gehoben und eine Überlastung der Ausgabenseite verhindert werden. Eine bereits kurzfristige Stabilisierung der Finanzlage der Pflegeversicherung kann dabei aus Sicht der Länder nur erreicht werden, wenn die ihr auferlegten versicherungsfremden Leistungen konsequent aus Steuermitteln finanziert werden.

Laut Beschluss soll die Unterscheidung nach Pflegegraden grundsätzlich beibehalten werden, die Strukturen des Leistungsrechts sollen jedoch möglichst vereinfacht und fokussiert werden. Im Pflegegrad 1 soll es eine stärkere Präventionsorientierung geben. Die Beratungen dazu werden fortgesetzt, wobei die Leistungen stärker auf Prävention konzentriert werden sollen, beispielsweise für eine verbesserte pflegefachliche Begleitung. Es soll bis Ende 2027 eine ergebnisoffene Prüfung sektorenunabhängiger Leistungsbudgets geben, um Sektorengrenzen zu überwinden. Erste konkrete Schritte zur Vereinfachung des Leistungsrechts durch Bündelung in Budgets sollen weiterverfolgt werden.

Gegenstand der Prüfungen soll auch das Begutachtungsinstrument sein. Dabei geht es um die Überprüfung der sogenannten Schwellenwerte auf Basis der Empfehlungen des Expertenbeirats von 2013 und eine Evaluation des gesamten Begutachtungsinstruments zur Bemessung der Pflegebedürftigkeit. Auch eine Weiterentwicklung und Neuaufstellung der Beratungsleistungen ei für alle Pflegebedürftigen notwendig, insbesondere durch eine Bündelung der entsprechenden Leistungen, auch um eine verbesserte pflegefachliche Begleitung zu ermöglichen, heißt es in dem Beschluss. Außerdem wurde die Fach-AG beauftragt, ihre Vorschläge für eine verbesserte Versorgung in pflegerischen Akutsituationen (z. B. bei kurzfristigem Ausfall der Hauptpflegeperson oder gesundheitlichen Krisen) zu konkretisieren. Mit Blick auf Investitionskosten und Infrastruktur hieß es, die Länder seien sich ihrer Verantwortung für die Bereitstellung der pflegerischen Infrastruktur bewusst. Ob und wie die Förderung von Investitionskosten in diesem Zusammenhang einzuordnen sei, werde im weiteren Verfahren noch erörtert.
 

Reimann vermisst konkrete Finanzierungszusage

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, sieht in den Zwischenergebnissen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Pflege einen wichtigen ersten Schritt in Richtung der dringend benötigten Reform der SPV – „mehr allerdings auch nicht. Wir hätten uns angesichts der angespannten Lage der SPV gewünscht, dass die Arbeitsgruppe jetzt schon ein Stück weiter wäre.“ Man begrüße insbesondere die klare Positionierung dazu, die SPV als Teilleistungssystem und die damit einhergehenden Leistungen erhalten zu wollen, sagte sie. „Zuletzt wurde eine mögliche Abschaffung des Pflegegrads 1 kontrovers diskutiert. Wir halten die Überlegungen der Arbeitsgruppe, diesen beizubehalten, künftig aber stärker auf Prävention auszurichten, für sinnvoll.“ Die Verhinderung der Zunahme der Pflegebedürftigkeit sei entscheidend für die Lebensqualität der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen. Gleichzeitig sei es angesichts der stetig steigenden Anzahl an Pflegebedürftigen bei weniger Beitragszahlenden ein zentraler Baustein für die langfristige Tragfähigkeit des Systems. „Genau das bringt uns aber zur Gretchenfrage des vorliegenden Potpourris an Zwischenergebnissen: Die für Dezember geplanten Vorschläge des „Zukunftspakts Pflege“ für eine große Strukturreform laufen Gefahr zu scheitern, wenn der Bund nicht den Finanzierungsrahmen absteckt und damit das Hauptproblem der Arbeitsgruppe löst.“

Die Beitragszahlenden dürften erwarten, dass die Bundesregierung bereits jetzt eine klare Finanzierungszusage mache – für versicherungsfremde Leistungen in der SPV, für die steuerfinanzierte Weiterentwicklung des Pflegevorsorgefonds sowie für einen staatlich finanzierten Sozialausgleich für den Fall einer obligatorischen Pflegezusatzversicherung. „Nur auf dieser Grundlage kann die Bund-Länder-Arbeitsgruppe sachgerechte Vorschläge für eine große Pflegereform vorlegen, die diesen Namen auch verdient. Das bisher geplante Darlehen zur Deckung der Finanzierungslücke ist auf jeden Fall völlig unzureichend.“

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 17/2025. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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