Gibt es Anforderungen an fahrbare Gerätewagen, mit denen Medizinprodukte der Anlage 1 transportiert werden?
Im Newsletter 4/2023 gehen Sie davon aus, dass der Gerätewagen nur zur Lagerung und zum Transport von MP genutzt werden soll. Dies sehen wir aus medizintechnischer Sicht anders. Der vom Nutzer geforderte Gerätewagen soll aktive MP der Anlage 1 transportieren und zur Anwendung bereithalten, bzw. die Anwendung erfolgt direkt vom Gerätewagen aus. Ich gebe Ihnen Recht, eine funktionelle Verbindung zwischen Infusionstechnik, Beatmungstechnik und Patienten-Monitoring besteht hier nicht, aber kann jedweder Gerätewagen ohne jegliche Überprüfung eingesetzt werden?
Antwort:
Das Ergebnis der medizinprodukterechtlichen Prüfung im Newsletter 4/2023 gilt für alle Medizinprodukte, also auch für solche der Anlage 1. Eine Eigenherstellung nach Artikel 5 Abs. 5 MDR liegt nicht vor. Aber: Selbstverständlich muss vor Inbetriebnahme dieser auf einem Gerätewagen gelagerten Medizinprodukte mit einer Mehrfachsteckdose einiges gesondert geprüft und freigegeben werden:
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Die Geräte werden über eine Mehrfachsteckdose elektrisch verbunden, daraus ergeben sich Risiken und Gefährdungen nach IEC 60601-1
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- Potentialausgleich?
- ein gemeinsamer Schutzleiter
- Summenstrom aller Geräte
- Rückwirkungen zwischen den Geräten usw.
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Nach welchem Standard soll der Gerätwagen beschafft werden?
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- mechanische Ausführung des Gerätewagens, Stabilität des Wagens
- Stativstangen, Ableitfähige Rollen,
- hygienische Aspekte
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Wer baut den Gerätewagen mit allen Geräten zusammen? Wer nimmt den Gerätewagen in Betrieb?
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Wer prüft den Gerätewagen?
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Der Medizintechnik-Sachverständige Armin Gärtner hat insoweit bereits 2002 ausgeführt:1
„ … wurde in der Vergangenheit fahrbaren Gerätewagen wenig Aufmerksamkeit geschenkt, so hat sich dies in den letzten Jahren deutlich geändert. Ein Gerätewagen darf nicht mehr ohne Berücksichtigung der elektrischen Sicherheit beschafft und betrieben werden, die in den einschlägigen Normen beschrieben wird. Der Betreiber ist daher gut beraten, der mechanischen und elektrischen Konstruktion eines Gerätewagens unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung und des medizinischen Einsatzgebietes entsprechende Aufmerksamkeit zu schenken. Dies bedeutet, bei der Beschaffung einen entsprechenden Anforderungskatalog zu erstellen. Qualität und Ausstattungsstand der Wagen sind stark preisabhängig Hersteller von Gerätewagen sollten ebenfalls eine konsequente Fertigungspolitik betreiben, die sich beispielsweise in einer hochwertigen mechanischen Stabilität aber auch in der konsequenten Anbringung von Potentialausgleichsbolzen niederschlägt.
Wagen ohne den zusätzlichen Potenzialausgleich (ZPA) sollten vom Betreiber nicht beschafft werden, weil sie in der Regel immer im Patientenbereich eingesetzt werden.“
1 Gärtner, Anforderungen an fahrbare Gerätewagen, in: mt-Medizintechnik, 6/2002, S. 211 – 217.