In zwei Monaten bereits – Kinder, wie die Zeit vergeht – stehen wichtige Bundestagswahlen an. Wie sich das gehört, haben nicht nur die Parteien, sondern auch viele Verbände und gesellschaftliche Gruppierungen ihre inhaltlichen Vorstellungen, Programme und Wahlbausteine vorgelegt: Manche früh, manche relativ spät. Aber wenn man sich das mal alles nebeneinanderlegt, so gibt es einerseits sowohl viel frischen Wind wie auch einiges Wiedergekautes. Reichlich Stoff jedenfalls für eine fundierte politische Gestaltungsdebatte, die bitter notwendig ist nach dieser Legislaturperiode mit ihren zuletzt nie da gewesenen Herausforderungen durch eine globale Gesundheitskrise, die sich weiter verändern und entwickeln und keinesfalls verschwinden wird.
Doch so sehr es sich intellektuell auch anbietet, die Debatte bleibt bislang aus. Corona und die Bewältigungserfordernisse fordern offenbar immer noch ihren Tribut. Und leider schimmert in dem Zusammenhang auch hierzulande etwas durch, was mir Unbehagen bereitet, weil wir es bislang in dieser Schärfe nicht kennen: Die diffuse Spaltung unseres Landes quer durch die sozialen Schichten. Klar hat jeder Wahlkampf auch immer etwas Holzschnittartiges und viel Event- und Schall- und Rauch-Charakter. Aber wenn man sich mal allein vor Augen führt, was zum Thema Gesundheit und den damit verwandten Themen in den Vorstellungen der Parteien und der relevanten gesellschaftlichen Gruppen aufgegriffen wird, so kommt man nicht umhin zu konstatieren, dass etwas in Bewegung gerät. Und es ist jammerschade, dass die öffentliche Kommunikation in den klassischen Medien aber vor allem in den sogenannten „Sozialen Medien“ diese überhaupt nicht aufgreift, stattdessen seit geraumer Zeit über die politischen Farbstellungen hinaus eine personal- bzw. persönlichkeitenfixierte Debatte führt, deren Niveau – zugegeben befeuert durch einen oft mehr als unglücklichen Umgang in den jeweiligen Lagern damit – zuweilen unterirdisch ist und den vorliegenden unterschiedlichen Konzepten in keiner Weise gerecht wird.
Der ambivalente Charakter der Sozialen Medien wir m. E. hier besonders deutlich. Wie unaufwändig und schnell ist doch eine Hassbotschaft zwischen Tür und Angel, Biertisch und Abendessen nachhaltig platziert und zeigt Wirkung. In inhaltlicher Hinsicht ist doch aber mit Blick auf Gesundheit auffällig, dass viele – wenn auch in unterschiedlicher Eindringtiefe – die Notwendigkeit erkennen, die Zukunft menschen- und patientenorientierter und regional bzw. lokal integrierter, interprofessioneller und kooperativer anzugehen. Man kann durchaus sagen, dass dieses strategische, strukturelle und prozessuale Gestaltungserfordernis, wonach ganz praktisch gesehen Gesundheit und medizinische Versorgung am Bedarf, am „Stück“ und über die Sektorengrenzen hinweg populations- wie auch indikationsorientiert gestaltet werden muss, im Spektrum der Politik-, Leistungs- und Kostenverantwortlichen angekommen ist.
Es ist befriedigend und bestätigend, dass Helmut Hildebrandt und ich diese Strömungen in unserem im August im medhochzwei Verlag erscheinenden Buch „Zukunft Gesundheit“ mit zahlreichen Autorinnen und Autoren aufgreifen konnten. Beispiele aus der aktuellen Debattenpraxis: Es hat mich erfreut und inspiriert, dass die Bereitschaft, den Qualitäts- und Transparenzwettbewerb der Krankenkassen für den Endverbraucher, die Versicherten und Patienten vergleichbar zu gestalten, enorm gestiegen ist. Es ist ebenso erfreulich und inspirierend, dass die DKG mit ihrem jüngsten Psychiatrie-Forum mit Themen wie z. B. stationsäquivalente psychiatrische Versorgung Regelungsbedarfe aufgreift, mit Lösungsoptionen hinterlegt und politisch hinterfragt, die dringend neu gestaltet und geregelt werden müssen und dass das die unterschiedlich beteiligten Parteiströmungen auch einsehen und aufgreifen wollen. Solche Beispiele positiver Gestaltungsinitiativen in der Prävention, in der kurativen, rehabilitativen und pflegerischen Versorgung, für Palliativmedizin, für seltene Erkrankungen, für die nach wie vor um sich greifenden sog. „Zivilisationserkrankungen“ wie Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf gibt es einige. Das ist gut. Es kommt also etwas in Bewegung. Hoffen wir, dass der Oberflächenzeitgeist dies nicht über Gebühr überlagert.
In diesem Sinne wünsche ich einen fröhlichen Sommermonat
Ihr Rolf Stuppardt
Versorgungseffekte von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) Hans-Holger Bleß und Autorenteam von fbeta über ihre Evaluationserkenntnisse von DiGA.
Kommunale und regionale Gesundheitsversorgung Christine Becker über das Verhältnis von Kommune und Region sowie die Rolle der Krankenkassen in der Gesundheitsversorgung.
Sinnstiftung im Zeitalter der Digitalisierung Ilka Dekan u. a. darüber, dass nicht nur Krankenkassen Gesundheit neu denken müssen und was das praktisch bedeutet.
Ökonomisierung des Gesundheitswesens durch die EU Dr. Martin Coen zur Tragfähigkeit der Gesundheitsaufgaben in der EU.
Förderung digitaler Gesundheitskompetenz: Online-Schulungen für Senioren Dagmar Hirche und Wiebke Kottenkamp über die Erfahrungen und Potenziale von Online-Schulungen für Senioren in Sachen praktischer Umgang mit digitalen Tools.
Zukunft Diabetesversorgung – digital, integrativ, präventiv Dr. Annette Mehler und Rolf Stuppardt zur Neuausrichtung der Diabetesversorgung.
Und natürlich wie immer: Medientipps, Wichtiges aus der Leistungs- & Vertragswelt, Recht & Gesetz, Europa & Internationales, Köpfe, Karrieren und Funktionen.
Die Grafik des Monats – Auswirkungen von Zucker in unserer Ernährung
Zucker hat einen festen Platz in unserer Ernährung: Das hat Auswirkungen
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine tägliche Zuckeraufnahme von nicht mehr als 25 Gramm Haushaltszucker – das entspricht einer Menge von rund 8 Stück Würfelzucker.
Zucker ist ein fester Bestandteil in unserer Ernährung, ein übermäßiger Konsum steht jedoch Pate für viele Zivilisationserkrankungen und verlorene Lebensjahre. In Deutschland bezifferte sich der Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker im Jahr 2017/18 auf rund 34,6 Kilogramm - dies entspricht einer täglichen Menge von rund 95 Gramm. Als Zusatz in vielen Lebensmittel oder Getränken wird Zucker als beliebter Geschmacksverstärker in der Ernährungsindustrie eingesetzt. Ein Großteil des Zuckerbedarfs wird von vielen Konsumenten daher „unbewusst“ gedeckt. Als häufige gesundheitliche Risiken eines übermäßigen Zuckerkonsums treten Adipositas und Diabetes auf. Diese Phänomene sind weltweit zu beobachten und es ist dringend notwendig, hier neue Balancen zu finden.
Karin Maag ist neues unparteiisches Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss
Seit dem 1.7. ist Karin Maag unparteiisches Mitglied beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Sie folgt auf Prof. Dr. Elisabeth Pott, die Ende Februar 2021 aus persönlichen Gründen aus der laufenden sechsjährigen Amtszeit ausgeschieden ist. Karin Maag war seit 2009 Bundestagsabgeordnete der CDU, seit 2017 deren gesundheitspolitische Sprecherin. In ihrer neuen Funktion beim G-BA ist sie ab jetzt für Qualitätssicherung, Disease-Management-Programme (DMP) sowie ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) verantwortlich. Bei diesen Themen übernimmt sie den Vorsitz der beschlussvorbereitenden Unterausschüsse. Karin Maag ist nun neben Prof. Josef Hecken, der als unparteiisches Mitglied auch den Vorsitz des G-BA innehat, und Dr. Monika Lelgemann das dritte unparteiische stimmberechtigte Mitglied des G-BA. Die Amtszeit von Karin Maag endet – wie die der anderen beiden unparteiischen Mitglieder – im Juni 2024.
Neuer Richter am Bundessozialgericht Dr. Benjamin Schmidt
Mit Wirkung zum 1. Juli 2021 ist Dr. Benjamin Schmidt zum Richter am Bundessozialgericht ernannt worden. Schmidt wurde 1974 in Halle an der Saale geboren. Er studierte Rechtswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen und war von 2001 bis 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo er auch bei Prof. Dr. Waltermann promovierte. Im Jahr 2006 nahm Dr. Schmidt seine Tätigkeit als Richter in der Hessischen Sozialgerichtsbarkeit auf. Von 2013 bis 2015 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundessozialgericht abgeordnet, im Jahr 2017 an das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt. 2020 wurde Dr. Schmidt zum Richter am Landessozialgericht ernannt. Das Präsidium des Bundessozialgerichts hat den Richter Dr. Benjamin Schmidt dem 4./11. Senat (Grundsicherung für Arbeitsuchende und Arbeitslosenversicherung) zugeteilt.
Mit Demenz umgehen – Hören, Schwerhörigkeit und Demenz