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Das Deutsche Gesundheitssystem muss sich richtig aufstellen
 

Angeblich haben wir das beste Gesundheitssystem der Welt. Das scheint mir doch mehr und mehr ein Mythos zu sein. Es ist fragmentarisch, teuer und was die analytischen Erkenntnisse anbelangt, mutet es nicht gerade lernwillig an, ja, man kann den Eindruck haben, es sei interessenpolitisch bedingt lernunwillig. Es ist insgesamt überbewertet, weist eine defizitäre Verteilungsgerechtigkeit auf und setzt gesundheitspolitisch die falschen Prioritäten. Seine Finanzierungslogik ist im Grunde leistungs- und innovationsfeindlich, weil es eher Beiträge und Kosten im Blick hat.

Technische Leistungen sind tendenziell überbewertet, Menschen nahe Leistungen tendenziell unterbewertet. Die Errungenschaften der Radiologie und Nuklearmedizin, der Diagnostik, haben einen hohen Wert. Das Kümmern des Kinderarztes oder der Hebamme ist dagegen viel weniger wert.

Im ökonomischen Sinn lohnt sich Krankheit, Gesundheit lohnt sich in diesem Sinne eher nicht. Es müsste genau umgekehrt sein oder zumindest in einer Balance, die die Menschen individuell und kollektiv im Blick hat. Dementsprechend wird zwar viel über Prävention und Gesundheitsförderung geredet und auch einiges gemacht, aber das ist längst nicht nur ungenügend, es ist auch im weitesten Sinne strategielos. Italien und Österreich haben jüngst auf Gesundheitsförderung in den Schulen gesetzt und eine Menge Ressourcen für Sport und Bewegung geschaffen, um dem zunehmenden Übergewicht bereits in jungen Jahren zu begegnen und den Teufelskreis einer zunehmend „verfetteten“ und „trägen“ Gesellschaft zu durchbrechen. Das geht bei uns im gesundheitspolitischen Klein-Klein, dass auch noch zunehmend zentral bestimmt wird, ziemlich unter.

Es ist natürlich klar, dass Gesundheitssysteme stets eingebettet sind in Kultur, Ökonomie und Politik einer Gesellschaft und deren historisches Wachsen. Daraus erwachsen Abhängigkeiten. Eine Wertbasis im Gesundheitswesen reflektiert in gewisser Weise auch eine Wertebasis in der Gesellschaft. Gesundheit ist den Menschen ein hohes Gut, politisch gesehen ist es bei uns „soziales Gedöns“. Unser stark fragmentiertes System wendet gemessen am BIP nach den USA und vor der Schweiz die zweithöchsten Ausgaben auf. Dennoch wird in renommierten internationalen Vergleichen nur eine unterdurchschnittliche „Ergebnisbewertung“ erzielt, also eine geringere Performanz, die in den USA aber noch deutlich niedriger ist. Im Zeitverlauf sind hier auch keine Verbesserungen erkennbar. Die Schwächen im Versorgungsprozess, bei der Effizienz und in der Personalressourcenbeschaffung liegen auf der Hand. Seit vielen Jahren ist der Einsatz von Pflegepersonal reichlich defizitär. Die Personaluntergrenzen sind weniger ein Instrument der Qualitätssicherung als eines der Mangelabwehr. Wir unterhalten eine vergleichsweise hohe Bettendichte mit schlechter Personalausstattung. Dänemark z. B. hat nur halb so viele Betten aber auf 100.000 Einwohner 50 Prozent mehr Pflegepersonal in Vollzeit.

Was also tun? – Wir brauchen einen strategischen Neustart nach einer Standortbestimmung mit Blick auf eine durchlässig individuelle Versorgung und das Loslassen von Tabus (jedem Landrat sein Krankenhaus und vergleichbaren Privilegienschutz). Beim Erhalt der grundsätzlichen Leistungsstärke in der Hochleistungsmedizin und Akutversorgung bedarf es einer grundlegenden, alle gesellschaftlichen Bereiche umfassenden Präventionsstrategie im Rahmen integrierter, menschenzentrierter Versorgungskonzepte. Innovationen benötigen ein gezieltes pro-aktives Bedarfsmanagement mit ergebnisbezogenen Finanzierungskonzepten. Digitalisierung bedarf eines interoperablen Schubes.

Und schließlich: Gesundheitspolitik muss die Rahmen dafür setzen und dezentrale, regionale Aktivitäten ermöglichen. Ein Lernen von anderen Ländern wäre dabei durchaus hilfreich.

Kommen Sie gut durch den Mai
Ihr Rolf Stuppardt

 
 
 

 
 
 

Editorial: Baustellen der Welt und die globale Gesundheit

Wir leben in Zeiten des Umbruchs, der Transformation. Vieles wird in Zukunft nicht mehr so sein, wie es mal war. Was können wir unseren Enkeln sagen, angesichts eines Krieges in Europa, warum Hunger und Armut herrschen, wie wir mit Klima und Umwelt umgehen können. Rolf Stuppardt greift das in seinem Editorial auf, stellt den Bezug zur globalen Gesundheit her und appelliert an Individuen und Nationen, die Baustellen im Interesse der künftigen Generationen sinnvoll zu schließen
 

Rhythmusmanagement – Wie die Chronobiologie unsere Work‑Life‑Sleep Balance bestimmt

60 Mrd. € jährlich kosten Schlafdefizit die deutsche Volkswirtschaft aktuell laut einer Hochrechnung der Studie des Think Tanks Rand Europe Corporation aus 2016. Michael Wieden hat sich jahrelang mit der Chronobiologie beschäftigt und diskutiert, was es damit für unser Leben, für unsere Gesellschaft, unser Arbeiten und Wirtschaften und unsere Gesundheit auf sich hat, orientiert auch an Best-Practice-Beispielen.
 

Gesundheit und Versorgung im digitalen Take Off – Sinnstiftung, Transformation, Patientenorientierung

Die Corona-Pandemie hat es noch einmal sehr deutlich gemacht: Strukturen, Prozesse und Tools im Gesundheitswesen müssen so angelegt sein, dass eine durchlässige, vernetzte und koordinierte, am Patientenbedarf, Patientennutzen und an der Patientensicherheit strikt orientierte gesundheitliche und medizinische Versorgung flächendeckend in den Regionen zu effektiven und effizienten Ergebnissen führen müssen. Einiges wirkt bereits in diese Richtung. Angesichts dieser Situation wird die aktuelle Ampel-Koalition auf die Weiterentwicklung gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen einwirken müssen. Noch lässt Konkretes auf sich warten. Zuletzt haben die digitalen Steuerungsinstrumente und ihr Potenzial an Fahrt zugenommen. Deutschland scheint sich – trotz der beklagten Defizite – im digitalen Take-off zu befinden. Diese Situation haben wir am 23. und 24. März in Berlin mit namhaften Personen aus dem Gesundheitswesen beleuchten können. Darüber berichtet Herausgeber Rolf Stuppardt.
 

Diabetesversorgung in der PKV – individuell und innovativ

Prävalenz und Inzidenz des Diabetes mellitus steigen bereits über Jahre an. Diese Volks- und Zivilisationskrankheit steht ganz im Fokus der Gesundheitspolitik und der Versorgungssteuerung in GKV wie PKV. Nachdem wir im letzten Jahr eine Bestandsaufnahme vorwiegend aus dem Blickwinkel der GKV publiziert haben, wollten wir nun von unserem Autorinnenteam wissen, wie sich die Lage in der PKV heute darstellt. Dr. Katharina Dannhof, Sarah Gelling und Stefanie Schoenen haben hierzu einen Beitrag abgefasst.
 

Die Krux der Digitalisierung: Junge Kunden gewinnen, ältere nicht verschrecken – Vertriebswege in der Versicherungsbranche

In Sachen Digitalisierung wächst der Druck auf die Versicherer: Junge Zielgruppen treten mit einer neuen Erwartungshaltung an die Branche heran, auf klassischen Vertriebswegen erreichen Versicherer diese Kunden nicht mehr. Die Konkurrenz in der Branche wächst und stellt sich zunehmend digital auf. Wer mithalten will, muss seine Vertriebswege deshalb neu denken – darf dabei aber ältere Kunden nicht außer Acht lassen. Matthias Stauch, Vorstandsvorsitzender von Intervista, hat dazu einen Standpunkt.



Die vollständigen Beiträge lesen Sie in der nächsten Ausgabe der Welt der Krankenversicherung. Alle Informationen zur Zeitschrift und zum Abonnement finden Sie hier.

 
 
 

 
 
 

Die Grafik des Monats – Work-Life-Balance



Nach aktuellen Daten der OECD bekommen es die Menschen in Italien am besten hin, Beruf und Privatleben miteinander zu vereinbaren. Auch die dänische Bevölkerung schneidet gut ab, wie der Better Life Index für 2020 zeigt. Für diesen hat die Organisation die Balance zwischen Arbeit und Freizeit in den 38 Mitgliedsländern plus Russland, Brasilien und Südafrika untersucht. Demnach schneidet auch Deutschland gut ab. Der wichtigste Aspekt für eine gute Work-Life-Balance ist laut der Studie die Arbeitszeit. In Italien arbeiten nur drei Prozent der Beschäftigten überlang (50 Stunden oder mehr pro Woche). In Deutschland liegt der Wert bei vier Prozent – beide Länder liegen damit deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von zehn Prozent. Die AutorInnen betonen, dass viele Hinweise darauf hindeuten, dass lange Arbeitszeiten die Gesundheit beeinträchtigen, die Sicherheit gefährden und den Stress erhöhen. Ebenfalls in die Untersuchung mit einbezogen werden Faktoren wie Freizeit, persönliche Zeit der einzelnen Person für sich selbst oder die Beschäftigungsquote von Müttern. Die schlechteste Balance zwischen Arbeit und Privatleben haben laut der Studie die Menschen in Mexiko.

 
 
 

 
 
 

 
 
 

Standpunkt:

Heute gehört die konsequente Einbeziehung der Pflege in die Entscheidungsfindung des G-BA


Josef Hecken hat sich als Vorsitzender des G-BA dagegen ausgesprochen, dass die Pflege in die Entscheidungsfindung des G-BA vollständig einbezogen wird. Letztendlich wird das die Politik zu entscheiden haben. Inzwischen hat es defacto Rollen- und Kompetenz-
verschiebungen im Leistungsbereich der Pflege gegeben. Hinzu kommen erhebliche Ressourcenprobleme. Die ärztliche bzw. medizinische Kompetenz scheint mir allein nicht mehr auszureichen, die auf die Pflege bezogenen Themen mit Optimierungs- oder Effizienzzielen erfolgreich abzubilden.
Die ordnungspolitische Idee des G-BA trägt der Logik von Kosten- und Leistungs-
verantwortung im Rahmen der vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben Rechnung. Diejenigen, die diese Verantwortung haben, sollen über das „Kleingedruckte“ entscheiden. Die heutigen Träger des G-BA können das mit Blick auf die Pflege nur partiell gut erfüllen. Die Pflege übernimmt Tag für Tag selbst Leistungsverantwortung. Sie ist damit – Stand Heute – im Sinne der konstitutiven Prinzipien des G-BA nach meiner Auffassung geborenes Mitglied. Im Falle der Pflege weist dies deutlich über die bislang fixierte Beteiligungsrechte hinaus. Insbesondere weil die Regelungsdichte immer filigraner wird und die Qualitätssicherung für Versorgungserfolge eine zunehmende Rolle spielt, sind im Falle der Pflegeversorgung zusätzlich zu den bisherigen Kosten- und Leistungsträgern sinnvoller Weise die Pflegeprofessionen nach meinem Dafürhalten einzubeziehen.

Rolf Stuppardt

 
 
 
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Gerade erschienen:
Schumann/Marschall/
Hildebrandt/Nolting
DAK Gesundheitsreport 2022

 
 
 



Erscheint in Kürze:

Augurzky/Krolop/
Hollenbach/Monsees/
Pilny/Schmidt/Wuckel
Krankenhaus Rating Report 2022

 
 
 
 
 
 


 

 
 
 

Prof. Dr. Lutz Hager ist neuer BMC-Vorstandsvorsitzender
  

Prof. Dr. Lutz Hager, Professor für Management im Gesundheitswesen an der SRH Fernhochschule – The Mobile University, ist im Rahmen der kürzlichen Mitgliederversammlung zum neuen BMC-Vorstandsvorsitzenden gewählt worden. Mit Dr. Ursula Hahn (OcuNet Verbund) und Franz Knieps (BKK Dachverband e. V.) wurden zudem die stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden sowie vier weitere Vorstandsmitglieder neu gewählt. 15 Jahre nach seinem Amtsantritt war der bisherige Vorstandsvorsitzende, Prof. Dr. Volker Amelung, nicht mehr angetreten. Die Vielfalt der Mitgliedschaft spiegelt sich auch im neuen Vorstand wider: Dr. Bernadette Klapper (DBfK), Dr. Carola Reimann (AOK Bundesverband), Antonia Rollwage (Charité) sowie Nicole Schlautmann (Pfizer) wurden als Beisitzerinnen in den Vorstand gewählt.


Neuer DGIM-Vorsitzender Ulf Müller-Ladner steht Europas größter medizinisch-wissenschaftlicher Fachgesellschaft vor
 

Der Gießener Internist, Rheumatologe und Immunologe Professor Dr. med. Ulf Müller-Ladner ist neuer Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM). Damit tritt er die Nachfolge des Münchener Gastroenterologen Professor Dr. med. Markus M. Lerch an. Müller-Ladner ist Professor für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Campus Kerckhoff Bad Nauheim.

 
 
 

 
 
 

 
 
 



Hauptstadtkongress 2022: Endlich wieder in Präsenz und face to face!

22. – 24. Juni 2022,
Berlin

 

Weitere Informationen

 
 
 



BMC-Kongress 2022

19. – 20. Mai 2022,
Berlin und digital

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Welt der Krankenversicherung Newsletter
Herausgeber und Chefredakteur: Rolf Stuppardt
Redaktion: Dr. Annette Mehler, Dr. Monika Sinha


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