Zitat des Monats

01.08.2022, Dr. Stefan Arend

„So besteht das Problem des Alterns darin, daß der Mensch es annehme, seinen Sinn verstehe und ihn verwirkliche. Etwas anderes muss aber hinzugefügt werden: Es hängt viel davon ab, daß die Allgemeinheit ebenfalls und ihrerseits das Alter annehme; ihm redlich und freundlich das Recht des Lebens gebe, das ihm zukommt.
Wir beobachten heute überall die Erscheinung, daß als menschlich-wertvoll nur das junge Leben, das alte hingegen als Verfall angesehen wird. Findet das aber nicht seine genaue Entsprechung darin, daß es immer weniger alte Menschen gibt, die mit ihrem Dasein wirklich, vom Bewußtsein seines Sinnes her, etwas anfangen können? Bedingen die beiden Tatsachen einander nicht gegenseitig? Und erzeugen sie nicht im Gesamtleben, bei aller beständig wachsenden Tüchtigkeit und Macht, eine seltsame und bedenkliche Unreife?“

Aus: Romano Guardini: Die Lebensalter. Würzburg 1953.

Romano Guardini (1885 – 1968) bedeutender Theologe und Religionsphilosoph, Lehrtätigkeit an den Universitäten Bonn, Berlin, Tübingen und München wo er von 1948 bis zu seiner Emeritierung den Lehrstuhl für christliche Weltanschauung und Religionsphilosophie innehatte.

 

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