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Editorial
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Liebe Leserinnen und Leser,
seit 1994 wird am 21. September weltweit der Welt-Alzheimertag begangen, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zu lenken.
Weltweit sind rund 55 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen. Bis 2050 wird erwartet, dass diese Zahl auf 139 Millionen ansteigen wird, mit einem besonders dramatischen Anstieg in Ländern wie China, Indien, Südamerika und den afrikanischen Ländern südlich der Sahara.
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Foto: Dr. Kristina Mann
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Lokale Alzheimer-Gesellschaften und Selbsthilfegruppen organisieren hierzulande vielfältige Aktivitäten und Veranstaltungen, um auf die Situation der etwa 1,8 Millionen Demenzerkrankten und ihrer Familien in Deutschland aufmerksam zu machen. Obwohl es derzeit keine Heilung für Demenzerkrankungen gibt, kann den Betroffenen und ihren Angehörigen durch medizinische Behandlung, Beratung, soziale Betreuung, fachkundige Pflege und mehr geholfen werden.
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„Demenz – die Welt steht Kopf“ ist das diesjährige Motto des Welt-Alzheimertages: „Mit der Diagnose Demenz steht die Welt erst einmal Kopf – sowohl für die Betroffenen als auch ihre An- und Zugehörigen. Alltagsroutinen, das Miteinander und die Wahrnehmung der Umwelt verändern sich. All das fordert heraus und verunsichert Betroffene ebenso wie An- und Zugehörige. […] Wir alle können etwas tun, damit Menschen mit Demenz den Boden unter den Füßen spüren, sich aufgefangen fühlen und Teil unserer Gemeinschaft sind“.
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Passend dazu habe ich nochmal in den letzten Ausgaben von ProAlter geblättert und möchte Ihnen hier eine kleine Auswahl an Beiträgen zum Thema vorstellen, sodass Sie bei Interesse nochmal alte Ausgaben zur Hand nehmen können. Und zu guter Letzt wird das Thema mit 3 Fragen an Astrid Marxen von der Alzheimer Forschung Initiative e. V. abgerundet.
Ich wünsche eine spannende Lektüre und verbleibe mit herzlichen Grüßen
Kristina Mann
Demenz Politik & Wirtschaft
Demenz und Migration
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In den letzten beiden Jahrzehnten hat es erhebliche Fortschritte gegeben, insbesondere im Bereich der Demenzforschung und der Unterstützung von Betroffenen und ihren Angehörigen. Zu kurz gekommen sind jedoch bislang die Menschen, die im Umfeld einer anderen Sprache und Kultur als der ursprünglich erlebten, altern und eine Demenzerkrankung entwickeln. Für sie fehlt es noch an hinreichender Sensibilisierung sowie an Forschung und praktikablen Lösungen. [...]
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Demenz, Wissenschaft & Forschung
Demenz und Musik – emotionale Achterbahnfahrt
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Die Musiktherapie kann eine entscheidende Rolle in der Betreuung von Demenz-Patienten spielen, da sie eine Vielzahl von positiven Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Erinnerungen dieser Menschen hat. Insbesondere alte Lieder und Texte können eine emotionale Achterbahn auslösen, indem sie längst vergessene Erinnerungen und Gefühle hervorrufen. Dieser Aspekt der Therapie kann ein tiefes Gefühl von Geborgenheit und Vertrautheit schaffen, das für Demenzpatienten besonders wertvoll ist. [...]
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Demenz, Krankenhaus
Der Demenzpatient als Störfaktor im Krankenhaus?
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In Akutkrankenhäusern sind Menschen mit kognitiven Einschränkungen mittlerweile ein integraler Bestandteil des klinischen Alltags. Schätzungen bezüglich der Gesamtprävalenz von Demenzpatienten (mit unterschiedlichem Schweregrad) bei über 65-jährigen Krankenhauspatienten bewegen sich zwischen 16 und knapp 19 Prozent. Diese Patientengruppe weist darüber hinaus weitere besondere Merkmale auf: Demenzkranke Patienten verzeichnen im Krankenhaus eine um 36 Prozent längere Verweildauer pro Kopf im Vergleich zu Patienten ohne kognitive Einschränkungen. [...]
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3 Fragen an ...
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… Astrid Marxen, Pressesprecherin der Alzheimer Forschung Initiative e. V.
Astrid Marxen, © privat
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Liebe Frau Marxen, am 21.09.2023 war der Welt-Alzheimertag. Was gibt es Neues in der Alzheimer-Forschung?
Alzheimer ist bisher noch nicht heilbar und besonders in der Wirkstoffentwicklung gab es in den letzten Jahren viele Rückschläge. Doch es kommt Bewegung in das Forschungsfeld. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln zurzeit eine neue Generation von Wirkstoffen, die zum ersten Mal eine der möglichen Krankheitsursachen angreift.
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Sie zielen auf die schädlichen Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn, die Amyloid-Plaques, die mit der Zerstörung der Nervenzellen und dem geistigen Abbau in Verbindung stehen. Lecanemab, einer dieser Wirkstoffe, ist in den USA schon unter dem Medikamentennamen Leqembi zugelassen. In Europa läuft zurzeit das Zulassungsverfahren. Allerdings kann Lecanemab den geistigen Abbau bei Patientinnen und Patienten nur um fünf bis sieben Monate verlangsamen. Außerdem können schwerwiegende Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und lokale Hirnblutungen auftreten.
Warum ist es so schwierig, ein wirksames Medikament zu finden?
Es ist kompliziert: Die Krankheit beginnt mit ersten Veränderungen im Gehirn schon bis zu zwanzig Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome. Die schädlichen Amyloid-Ablagerungen gehören zu einer Reihe von unterschiedlichen Prozessen im Gehirn, die sich nachfolgend bedingen. Wie diese unterschiedlichen Krankheitsmechanismen entstehen und über Jahrzehnte hinweg ineinandergreifen, kann rückwirkend nicht mehr ohne Weiteres nachvollzogen werden. Die Entwicklung der neuen Wirkstoffe ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber heilen werden wir die Alzheimer-Krankheit damit nicht.
Wie wird eine zukünftige Alzheimer-Therapie aussehen?
Weil Alzheimer so komplex ist, werden wir die Krankheit vermutlich nicht mit einem einzigen Wirkstoff heilen können. Es werden Kombinationstherapien gebraucht, die an unterschiedlichen Krankheitsmechanismen ansetzen. Die Alzheimer-Forschung hat bislang viele neue Puzzleteile gefunden, um die häufigste Form der Demenz besser zu verstehen. Ein vollständiges Bild hat sich bisher aber noch nicht ergeben. Deshalb ist es uns als Alzheimer Forschung Initiative auch so wichtig, weiterhin möglichst breite Grundlagenforschung mit unterschiedlichen Ansätzen zu fördern.
Jetzt informieren: Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI)