Keine Anzeichen für einen „Pflexit“!

01.06.2022, Dr. Stefan Arend
Pflege, Politik & Wirtschaft

Zahl der Beschäftigten in der Pflege deutlich angewachsen – Enorme Gehaltssteigerungen in den vergangenen Jahren!

Seit Jahren steigt der Bedarf an Arbeitskräften im Pflegebereich. Mit Ausbruch der Corona-Pandemie sind der Fachkräftemangel sowie die Arbeitsbedingungen in der Pflege noch stärker in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat jetzt zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai 2022 neue Werte zur Beschäftigung in der Pflege veröffentlicht, die durchaus verblüffen:
Am 31.12.2020 waren in Deutschland knapp 486.100 Beschäftigte in Krankenhäusern in der Pflege tätig. Das waren 18 % mehr als zehn Jahre zuvor. Der überwiegende Teil (434.400 Pflegefach- und Pflegehilfskräfte oder 89 %) verfügte über eine spezifische pflegerische Ausbildung. Fast die Hälfte (49 %) der im Pflegedienst Beschäftigten arbeitete in Teilzeit – insgesamt also 238.000 Personen.


Auch in Pflegeheimen und in den ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten ist die Zahl der Beschäftigten gestiegen. Während im Jahr 2009 noch 679.000 ambulante und stationäre Pflegekräfte tätig waren, waren es 2019 rund 954.000 – ein Anstieg um 40 %. Für 2021 liegen hier noch keine Zahlen vor. Besonders die ambulanten Pflegedienste gewannen Personal hinzu: Von 2009 bis 2019 stieg die Zahl der dort Beschäftigten um 61 %; im stationären Bereich war es ein Plus von 30 %.
616.000 der Pflege- und Betreuungskräfte in ambulanten und stationären Einrichtungen arbeiteten im Jahr 2019 geringfügig oder in Teilzeit. Das entspricht einem Anteil von 65 %. Wie viele Berufe im Bereich Gesundheit, Soziales oder Erziehung – sogenannte Care-Berufe – ist auch der Pflegeberuf durch seinen hohen Frauenanteil geprägt. 85 % des Pflege- und Betreuungspersonals in Heimen und ambulanten Diensten war weiblich.
Vollzeitbeschäftigte Fachkräfte in Krankenhäusern und Heimen, zu denen auch Pflegefachkräfte zählen, verdienten im Jahr 2021 brutto durchschnittlich 34,0 % mehr als noch 2011. Die Bruttomonatsverdienste von Fachkräften in Altenheimen stiegen im selben Zeitraum etwas weniger (+31,0 %), bei Fachkräften in Pflegeheimen fiel der Anstieg mit 39,3 % höher aus. In allen drei Gruppen stiegen die Verdienste in den vergangenen zehn Jahren deutlich stärker an als in der Gesamtwirtschaft (Produzierendes Gewerbe und Dienstleistungen) mit +21,7 %.


Durch die überdurchschnittlichen Verdienststeigerungen in den letzten zehn Jahren verdienten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger im Jahr 2021 mit 3.697 Euro brutto im Monat auch überdurchschnittlich im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Auch Fachkräfte in Pflegeheimen verdienten überdurchschnittlich. Sie kamen auf durchschnittlich 3.430 Euro. Fachkräfte in Altenheimen, darunter Altenpflegerinnen und -pfleger, lagen mit 3.327 Euro unterhalb des gesamtwirtschaftlichen Durchschnitts. Die Unterschiede sind unter anderem darauf zurückzuführen, dass in der Krankenpflege vielfach Tariflöhne gezahlt werden, während es für Altenheime bislang keinen flächendeckenden Tarifvertrag gibt.
Für einen so genannten „Pflexit“, also eine wahrnehmbare und damit kritische Abwanderung von Fachkräften aus der Pflege aufgrund der hohen Arbeitsbelastungen, schlechten Rahmenbedingungen und fehlenden finanziellen Anreizen, von denen immer wieder zu hören und zu lesen ist, kann das Statistische Bundesamt – zum Glück! - keine Belege liefern – im Gegenteil.


Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. N026 vom 11. Mai 2022.

 

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