Welt der Krankenversicherung Newsletter 11-2023

Prolog

 

Schnelligkeit und Flexibilität eines Systems sind gefragt

Im Gesundheitswesen steckt an allen Ecken und Kanten der Wurm drin. Politik und System haben nicht die richtigen Antworten darauf. Die Versorgung wird nicht nur immer teurer, sie kann den Versorgungsbedarf wegen fehlender Ressourcen auch nicht mehr abdecken und – als ob das nicht schon bedenklich genug ist – sie erzielt keinesfalls beste Ergebnisse im internationalen Vergleich. Überfüllte Notaufnahmen und immer längere Wartezeiten auf Versorgungstermine sind Realität. Deutschland, das beste Gesundheitssystem der Welt?

Stimmt nicht und ist in seinem Mantra eine heimtückische Untätigkeitspropaganda. Die Logik des Behandelns im Verein mit schiefen Bewertungsrelationen führen in die Irre. Hinzu kommt ein System, dass einem starren Legobaukasten gleicht. Ein System ist nicht dann gut, wenn es sich bewährt hat, sondern ein System bewährt sich dann, wenn es dem Bedarf entsprechend flexibel und schnell ist. Es kann zudem nicht mit derselben Denk- und Organisationsweise weiterentwickelt werden, die diese Defizite hervorgebracht haben. Das sind alles keine sensationellen Erkenntnisse. Das wissen wir. Doch tut sich zu wenig Transformatorisches. Allein die Starrheit der jeweiligen Systembestandteile lässt Bewegung nur in homöopathischen Dosen zu. Das hat hohen Implosionscharakter. Und Gesundheitspolitik ergeht sich in Flickschusterei und hofft offenbar auf ein „Gesundschrumpfen“.

So beruht die Finanzierung des Gesundheitswesens im Maßgeblichen auf dem allgemeinen Beitragssatz, der sich am sozialversicherungspflichtigen Einkommen und den entsprechenden Arbeitgeberanteilen bemisst, sowie auf den kassenindividuellen Zusatzbeiträgen, die von der Politik direkt und indirekt mitbestimmt werden. Hinzu kommen Zuschüsse aus Bundesmitteln, weil die Politik dem System gesellschaftspolitische Aufgaben hat zukommen lassen. Diese im Kern lohnbasierte Finanzierung – das ist schon seit geraumer Zeit klar – wird ceteris paribus nicht zukunftsfähig sein. Schon allein der demografische Wandel und neue Arbeitsformen führen auf der Leistungsseite dazu, dass sich höhere Anforderungen ergeben und auf der Finanzierungsseite, dass weniger Beschäftigte als klassische Beitragszahler in das System einzahlen. Mit dem Renteneintritt der „Baby-Boomer“ wird sich die Lage in den nächsten Jahren verschärfen. Das alles spielt auch radikalen politischen Kräften in die Karten, die nicht nur darauf keine Antworten haben, sondern auch den guten ordnungspolitischen Kern des Systems nicht verstehen. Wir befinden uns also auch im Gesundheitswesen in einer unfassbaren Krise. Eine Krise ist auch immer eine Chance, neu zu denken und zu handeln. 

Neu denken und handeln heißt, sich vom Gewohnten entfernen, sich klar machen, dass wir nicht in erster Linie die Reparaturweltmeister sein müssen, sondern die Bewahrer und Beschützer unserer in der Regel gesunden Vollausstattung. Da Gesundsein die Voraussetzung für alles ist, müssten wir alles auch danach ausrichten. Angefangen bei uns selbst, die wir locker in der Lage wären, viele Zivilisationskrankheiten, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rückenleiden, Diabetes und viele andere mehr deutlich zu reduzieren, wenn wir uns individuell und gemeinschaftlich danach ausrichten würden. Wenn wir für uns und unser Zusammenleben und -arbeiten Bedingungen schaffen würden, die der Balance von Körper, Geist und Seele Rechnung tragen würden. Und diejenigen, die jetzt behaupten, ich will aber meinen Spaß haben, ich lass mir mein Schnitzel nicht verbieten, sind einfach nur mental überfordert oder böswillig, weil in einer Gesellschaft gesunden Lebens und Arbeitens natürlich mehr Spaß steckt als in einer Gesellschaft dummer Hetze und Geschwätze. Denkt mal drüber nach. 

Wir müssen uns einfach generell ressourcenpfleglicher ausrichten, überall. Das bedeutet, wir sind in erster Linie präventiv aufgestellt. Das ist uns was wert, darin wird investiert. So wird gedacht und gehandelt von der Wiege bis zur Bahre, von der Luft bis hin zur Ware. 

Viele Grüße 
Ihr Rolf Stuppardt
 

 
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