Rückgang der weltweiten Lebenserwartung durch Corona

02.05.2022, Dr. Stefan Arend
Wissenschaft & Forschung, Coronavirus

Die Corona-Pandemie hat offensichtlich erstmals seit 1950 für einen Rückgang der weltweiten Lebenserwartung gesorgt. Das geht aus Berechnungen von Patrick Heuveline vom „California Center for Population Research“ in Los Angeles hervor, die in der März-Ausgabe des Magazins „Population and Development Review“ veröffentlicht wurden.
Demnach sank die Lebenserwartung um 0,92 Jahre im Jahr 2020 und um 0,72 Jahre im Jahr 2021. Seit dem 4. Quartal 2021 stieg sie dann wieder leicht an. Heuveline kommt in seinen Berechnungen auf mindestens weltweit 15 Millionen Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Diese Annahme beruht auf Zahlenwerte der "Human Mortality Database".


Vom Rückgang der Lebenserwartung waren die einzelnen Länder - so die Erkenntnisse von Patrick Heuveline - unterschiedlich stark betroffen. So ist die Lebenserwartung in acht Ländern um mehr als vier Jahre gefallen: Peru verlor 5,6 Jahre, Guatemala 4,8 Jahre, Paraguay 4,7 Jahre, Bolivien 4,1 Jahre und Mexiko 4,0 Jahre. In Europa verloren Russland 4,3 Jahre sowie Bulgarien und Nordmazedonien je 4,1 Jahre.
Die geringsten Rückgänge von weniger als zwei Jahren verzeichneten Länder in Ostasien, Australien, Neuseeland und in Westeuropa.
Der Rückgang in den letzten beiden Jahren bedeutet, dass die Lebenserwartung der Weltbevölkerung unter den Wert von 2013 zurückgefallen ist. Von 1950 bis 2019 war die globale Lebenserwartung jedes Jahr um durchschnittlich 0,39 Jahre von 45,7 Jahren auf 72,6 Jahre gestiegen. Von 1950 bis 2019 waren Sterblichkeitsrückgänge eher selten und lokal begrenzt, vor allem durch Kriegshandlungen oder (neue) Krankheiten. Sie wurden durch Steigerungen der Lebenserwartung an anderer Stelle mehr als kompensiert, so zeigt es die Studie. Die größte Zunahme bei der Lebenserwartung gab es mit 0,7 Jahren zwischen 1964 und 1968, was Heuveline auf weltweite Impfkampagnen bei Kindern zurückführt.


Der Rückgang der Lebenserwartung schien sich Ende 2021 zu stabilisieren. Wie während der gesamten Pandemie nahmen die Auswirkungen auf die Sterblichkeit jedoch in einigen Bevölkerungsgruppen immer noch zu, während sie in anderen Teilen der Bevölkerung mäßig abnahmen. Die Trends Ende 2021 sahen ermutigender aus als in den fast zwei Jahren zuvor, „aber es wäre an dieser Stelle sicherlich unklug zu behaupten, dass die Auswirkungen der Pandemie auf die globale Lebenserwartung ihren Höhepunkt erreicht haben“, so Heuveline.

Die Untersuchung ist HIER abrufbar.

Anzeige
Anzeige