3 Fragen an Olav Sehlbach, Einrichtungsleiter, Berater und Gesellschafter von Pflegeeinrichtungen

07.07.2022, Dr. Stefan Arend, ProAlter
Pflege, Politik & Wirtschaft, Interviews & Kommentare


Olav Sehlbach

Seit über 20 Jahren führen Sie mit Ihrem Team Befragungen in Senioreneinrichtungen durch. Sie untersuchen dabei unter anderem auch die Wünsche, Bedarfe und Bedürfnisse von Bewohnerinnen und Bewohnern. Was sind die wichtigsten Forderungen und Prioritäten der Bewohnerschaft an die Träger und die Einrichtungen? Gab es im Laufe der Jahre deutliche Veränderungen im Antwortverhalten?
Die Kritik bzw. die Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner waren über all die Jahre – und wir befragen seit dem Jahr 2000 – ziemlich konstant. Der immer am negativsten bewerte Aspekt ist die Wäscheversorgung, gefolgt von Fragen zu Wahlmöglichkeiten und Geschmack des Essens. Neben diesen hauswirtschaftlichen Themen ist es erwartungsgemäß die „fehlende Zeit bei der Pflege“ sowie der generelle Umgang mit Wünschen und Verbesserungsvorschlägen.
Entscheidend sind, wie so häufig, das Gespräch und der Austausch, entweder weil Erwartungshaltungen unrealistisch sind (wie bei der Wäsche und beim Essen) oder weil schlicht und ergreifend zu wenig kommuniziert wird.  

In Zeiten des Fachkräftemangels und der allgemeinen Personalnot ist es unerlässlich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Fokus unternehmerischen Handelns zu nehmen. Ihre Befragung „ATTRAKTRIVER ARBEITGEBER PFLEGE – aap“ analysiert und identifiziert die Elemente, die zu Mitarbeiterzufriedenheit führen. Gibt es so etwas wie ein Geheimrezept für zufriedene und von ihrer Tätigkeit erfüllte Mitarbeitende?
Wenn ich die Antwort auf diese Frage hätte, müsste ich diese nicht beantworten, da ich für den Rest meines Lebens mehr als ausgesorgt hätte. Aber Spaß bei Seite, unsere statistischen Analysen zeigen, wie entscheidend das Image und die Authentizität der Einrichtung für die Zufriedenheit sind. Menschen möchten stolz auf ihren Arbeitgeber sein und fordern, dass Aussagen und Selbstdarstellung mit den tatsächlichen Gegebenheiten deckungsgleich sind.
Operativ sind es neben den Gehaltsthemen insbesondere die Einarbeitung und die Gesundheitsvorsorge, die Mitarbeitende als verbesserungswürdig nennen.  

Bei Ihnen wollen sich vor allem leistungsfähige und ambitionierte Träger und Einrichtungen offiziell zu einem „attraktiven Arbeitgeber“ zertifizieren lassen und damit ihr Engagement unter Beweis stellen. In welchen Bereichen sehen Sie trotz dieser gewissen Selektion „guter Einrichtungen“ noch Luft nach oben?
Ich möchte Ihrer These ein wenig widersprechen. Sicherlich haben zum Start der aap-Mitarbeiterbefragung in erster Linie die „Guten“ teilgenommen. Nach gut 1.700 Befragungen mit über 75.000 Befragten stellen unsere Daten einen recht guten Schnitt zur gesamten Pflegebranche dar, auch, da inzwischen eine Vielzahl von Trägerketten teilgenommen haben.
Völlig unabhängig von unseren Ergebnissen sehe ich Luft nach oben im eigenen Anspruch der einzelnen Anbieter. Meines Erachtens viel zu selten hört man z. B. das Ziel, wir wollen die Besten sein. Durch die permanenten Herausforderungen sich verändernder Gesetzte und den steigenden Fachkräftemangel haben viele Anbieter den verständlichen Wunsch, einfach einen „normalen“ Alltag zu gestalten. Ambitionen für Neues, Experimentelles und Projekte gehen dabei verloren.

 

Olav Sehlbach begleitet seit nunmehr 30 Jahren die Entwicklungen in der Pflegebranche, als Einrichtungsleiter, Berater und Gesellschafter von Pflegeeinrichtungen. Seine Unternehmung führt seit dem Jahr 2000 Befragungen von Bewohnerinnen und Bewohnern und auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch. Olav Sehlbach entwickelte dazu das Prüfsystem Attraktiver Arbeitgeber Pflege – aap.
www.sehlbach.de

 

Dieser Beitrag stammt aus dem ProAlter Newsletter 7-2022. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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