Dr. Uwe Preusker, Herausgeber Klinik Markt inside, zum Buch „Krisenresilienz – Wie Corona das Krisenmanagement des Gesundheitssystems verändert“

09.12.2022, Dr. Uwe K. Preusker
Versorgung, Aktuelles aus dem Verlag, Coronavirus

War das deutsche Gesundheitssystem auf eine Krise wie die der Corona-Pandemie vorbereitet? Die Antwort der Autoren des Buches „Krisenresilienz. „Wie Corona das Krisenmanagement des Gesundheitssystems verändert“ lautet kurz gesagt: Nein! Liest man das Buch in seiner Gänze, kommt man am Ende zu der Erkenntnis, dass es nicht in erster Linie um Krisenresilienz des Gesundheitssystems geht, sondern vor allem um das Bewusstsein sowohl der Gesellschaft als auch insbesondere der Politik, dass Krisen wie diese überhaupt möglich, ja sogar wahrscheinlich sind. Und dass dieses Bewusstsein bedeutet, dass es eine von der Gesellschaft akzeptierte, bewusste Vorbereitung auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Daseinsvorsorge auf solche und ähnliche Krisensituationen geben muss, um schließlich auch im Gesundheitssystem krisenresilient werden zu können.

Sind Gesellschaft und Politik aber dazu tatsächlich bereit – auch nach den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie? Die Antwort darauf kann und will dieses Buch natürlich nicht geben; vielmehr gibt es eine umfangreiche Fülle von Analysen über fehlende Krisenresilienz in verschiedenen Teilbereichen des Politikbetriebs, aber auch des Gesundheitssystems. Genau das ist auch der Anspruch des Buches: Aus den verschiedenen Teilbereichen zusammenzutragen, was alles fehlt, um Krisenresilienz zu erreichen, und Vorschläge zu machen, mit welchen Schritten man in Zukunft deutlich besser für die Bewältigung solcher umfassenden Pandemien, aber auch anders gearteter Krisen gerüstet sein könnte. Dabei zeigen die Autoren aus den verschiedenen Bereichen auch auf, was alles trotz fehlender Vorbereitung auf eine solche Krise gut oder wenigstens einigermaßen gut gelaufen ist – vielfach durch das Engagement Einzelner oder auch ganzer Gruppen und meist durch Improvisation.

Im Kern bleibt nach der Lektüre des Buches die Gewissheit, dass unsere Gesellschaft viele Fragen neu diskutiert und beantworten werden muss: Welchen Stellenwert haben Freiheitsrechte des Einzelnen in einer existenziellen Krise? Ist die vielfach wettbewerbliche Ausrichtung unseres Gesundheitssystems in der Lage, auch angesichts einer schweren Krise eine akzeptable Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen? Gilt der Satz „Viel hilft viel“ – etwa bei der Bettenausstattung des deutschen Krankenhaussystems – nach den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie und den Beispielen anderer europäischer Gesundheitssysteme tatsächlich? Muss das Verhältnis von Datenschutz und Digitalisierungs-Erfordernissen nicht völlig neu überdacht und angepasst werden? Die Liste dieser vielfach zentralen Fragestellungen könnte nahezu beliebig fortgesetzt werden.

Am Ende aber drängt sich dem kritischen Leser aber vor allem eine Frage auf: Ist der deutsche Politik-Betrieb mit seiner starken Orientierung an der Lösung aktuell drängender Probleme und dem ständigen Blick auf die begrenzte Dauer der Wahlperiode sowie der Zersplitterung von Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen politischen Ebenen einschließlich des damit verbundenen Eigeninteresses der jeweiligen Ebenen tatsächlich in der Lage oder auch nur ernsthaft daran interessiert, in einen grundlegenden Diskurs über eine deutlich bessere Krisenresilienz einzutreten und dann die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen? Denn ohne eine deutlich bessre Krisenresilienz der gesamten Gesellschaft wird dieses Ziel im Gesundheitssystem allein wohl nicht erreichbar sein.

 

Interessiert an dem Titel? Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis.
Weitere Infos zum Buch finden Sie hier.

 


 

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 23-2022. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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