DKG fordert deutliche Änderungen an Regierungsvorschlägen zur Krankenhausreform

13.02.2023, Sven C. Preusker
KMi Nachrichten, Politik & Wirtschaft

KMi (scp) – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat heute (13.02.) eine Auswirkungsanalyse in Reaktion auf die Vorschläge der Regierungskommission für eine umfassende Krankenhausreform vorgestellt und sich mit einem eigenen Struktur- und Finanzierungsvorschlag in die Debatte um eine große Krankenhausreform in Deutschland eingebracht.

Die Auswirkungsanalyse hat die DKG beim Forschungsinstitut Institute for Health Care Business (hcb) in Kooperation mit Vebeto beauftragt. Das hcb wird von Dr. Michaela Lemm und Regierungskommissionsmitglied Prof. Boris Augurzky in der Geschäftsführung geleitet. 

In ihrer jetzt vorliegenden Auswirkungsanalyse hat hcb in Kooperation mit Vebeto auf Basis öffentlich zugänglicher Daten die Vorschläge der Reformkommission geprüft. Datengrundlage waren die Qualitätsberichte der Krankenhäuser des Datenjahres 2020, die Notfallstufen nach den G‑BA‑Richtlinien und eine manuelle Prüfung zur Identifikation von Fachkliniken. Auf dieser Grundlage kommt das Institut zum Schluss, dass von den heute rund 1.700 Standorten ca. 630 entweder dem neuen Level 1i zugehörig wären oder keine Zuordnung zu einem Level bekämen. Darunter fallen viele potentielle Fachkliniken. Etwa 830 Kliniken wären Level 1n. Würde man dies noch mit der 30-Minuten-Regel kombinieren, würden von diesen ca. 560 weitere Kliniken zu 1i-Einrichtungen. In den beiden oberen Leveln wären es nach dieser Ausführung noch insgesamt rund 230 Krankenhäuser.

Wie groß die Auswirkungen sein würden, wenn die Kriterien der Regierungskommission streng angewendet würden, zeige sich bei der Verschiebung potentieller Patientenströme, so die DKG. So müssten sich 52 Prozent aller werdenden Mütter einen neuen Standort für die Geburt suchen. 56 Prozent der Patientinnen und Patienten in der interventionellen Kardiologie müssten das Krankenhaus wechseln. In der Urologie wären es 47 und in der Neurologie 39 Prozent. 

Augurzky gab allerdings zu bedenken, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass dieser Fall eintritt. Weiterhin ist sicher anzumerken, dass diese potenziellen Patienten natürlich frei in ihrer Wahl des Krankenhauses sind und auch heute schon nicht ins nächstgelegene Krankenhaus gehen müssen und auch nicht zwangsläufig tun.

Andere Leistungsgruppen, so die DKG, hätten ähnliche Ergebnisse. „Wir werden weitere Szenarien durchspielen, um zu sehen, welche Änderungen der Kriterien welche Auswirkungen haben, zum Beispiel das Erreichen von Level 2, auch ohne Stroke Unit und ohne Geburtshilfe. Wichtig scheint mir zudem, dass jede Leistungsgruppe an mindestens einem Standort innerhalb der für die Leistungsgruppe passenden Region vorhanden ist. Darüber hinaus brauchen wir Simulationen, um Anpassungsreaktionen der Krankenhäuser zu antizipieren, worüber wir auch den dazu nötigen Investitionsbedarf abschätzen können. Damit wird zudem klar, dass wir einen ausreichenden Übergangszeitraum für die Reform benötigen“, so Augurzky.

„Die Auswirkungen des demografischen Wandels erfordern mutige, zukunftsorientierte Schritte zur Umgestaltung unseres Gesundheitswesens, nicht nur der Krankenhausversorgung. Es ist unstrittig, dass es nicht möglich sein wird, in den heutigen Versorgungsstrukturen die notwendigen Gesundheitsleistungen von morgen zu erbringen. Wir werden die vorhandenen Strukturen im ambulanten und stationären Bereich nicht unverändert lassen und sie mit einer ausreichenden Zahl an Fachkräften ausstatten können“, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß.

Angesichts der vorgelegten Erkenntnisse appelliert die DKG an die politischen Akteure der Bund-Länder-Runde zur Krankenhausreform, den Umbau der Krankenhauslandschaft mit Augenmaß und dem Blick auf die regionalen Versorgungsbedarfe der Bevölkerung voranzubringen. „Die Einordnung der Vorschläge der Regierungskommission als radikal und revolutionär, die der Bundesgesundheitsminister bei seiner Präsentation am 6. Dezember 2022 selbst vorgenommen hat, bewahrheitet sich bei der Simulation des Konzepts der Regierungskommission. Aus unserer Sicht müssen deshalb sehr weitgehende Anpassungen vorgenommen und Länderöffnungsklauseln eingebaut werden, um die durchaus richtigen Grundgedanken umsetzbar weiterzuentwickeln“, so Gaß. Diese notwendigen Anpassungen habe die DKG in ihrem Konzept berücksichtigt. Das Konzept ergänze aber auch in wichtigen Punkten wie klinisch-ambulante Versorgung, Investitionsfonds und Notfallversorgung die Überlegungen der Regierungskommission.

Kernelemente des DKG-Konzeptes sind bundeseinheitliche Leistungsgruppen zur Krankenhausplanung und ein länderübergreifendes Stufenkonzept zur Einordnung der Krankenhäuser. Die Schaffung eines finanzstarken Strukturfonds, die Einführung von Vorhaltefinanzierung, die Offensive zu klinisch-ambulanter Patientenbehandlung und die Entwicklung Medizinisch-Pflegerischer Versorgungszentren würden in Verbindung mit dem bundeseinheitlichen Planungsrahmen der Leistungsgruppen erstmals seit vielen Jahren eine realistische Perspektive zur bedarfsgerechten Umwandlung, Fusion und Weiterentwicklung von Krankenhausstandorten eröffnen, so die DKG. 

„Dieser Umbau, der im Ergebnis in vielen Regionen auch einen Abbau vollstationärer Versorgungsstrukturen und eine Reduzierung der Anzahl der Krankenhausstandorte bedeuten wird, muss so gestaltet werden, dass er bei den Bürgerinnen und Bürgern keine Ängste hervorruft, sondern in einem konstruktiven Miteinander von Politik, Krankenhausträgern und Krankenkassen die Chancen der Veränderung aufzeigt. Es gibt eine sehr große Veränderungsbereitschaft bei den Verantwortlichen der Krankenhäuser, die aber nur dann in konkretes Handeln münden kann, wenn auch klar ist, welche Zukunftsperspektiven von der Politik angeboten werden“, so Gaß. 

Mehr zu der hcb-Analyse zum DKG-Konzept und zu den Reaktionen von verschiedenen Seiten in der kommenden Ausgabe 04/2023.

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