ICN-Report: Mangel an Pflegekräften ist globaler Gesundheitsnotstand

05.04.2023, medhochzwei
Pflege, Politik & Wirtschaft, Coronavirus

Ein neuer Bericht des International Council of Nurses (ICN) besagt, dass der weltweite Mangel an Pflegekräften als globaler Gesundheitsnotfall angesehen und gehandhabt werden sollte. Die Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt könnten nur dann beginnen, sich von den Auswirkungen der Pandemie zu erholen und wieder aufgebaut werden, wenn global in ausreichend ausgestattetes Pflegepersonal investiert werde.

Der Bericht „Recover to Rebuild: Investing in the Nursing Workforce for Health System Effectiveness“, verfasst von Prof. James Buchan und ICN Chief Executive Officer Howard Catton, baut auf der Analyse des im letzten Jahr veröffentlichten ICN-Berichts „Sustain and Retain“ auf, der die teils schrecklichen Auswirkungen der Pandemie auf einzelne Pflegekräfte und das weltweite Pflegepersonal untersucht hat.

„Recover to Rebuild“ zitiert mehr als 100 Studien, die zeigen, dass 40 bis 80 Prozent der Pflegekräfte von Symptomen psychischer Belastung berichten, die Absicht vieler Pflegekräfte zu kündigen auf 20 Prozent oder mehr gestiegen und die jährlichen Fluktuationsraten beim Pflegepersonal in Krankenhäusern auf zehn Prozent oder mehr gestiegen sind.

Der Bericht beschreibt die wichtige und oft gefährliche Rolle, die Pflegefachpersonen während der Pandemie spielten, und liefert Hintergründe dazu aus Studien mit Pflegefachpersonen in Australien, Belgien, Kanada, der Tschechischen Republik, Deutschland, Ghana, Indien, Iran, Irland, Jordanien, Malaysia, Mexiko, den Niederlanden, Norwegen, die Philippinen, Polen, die Republik Korea, Rumänien, Südafrika, Spanien, Schweden, den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Vereinigte Königreich, den Vereinigten Staaten und anderen Ländern. Diese Studien würden zeigen, wie der COVID-Effekt den Zustand der ohnehin fragilen Gesundheitssysteme verschlechtert und die Notwendigkeit erheblicher Investitionen verdeutlicht habe, so die Autoren.

ICN-Präsidentin Pamela Cipriano sagte: „Unser Bericht untermauert, was wir seit Beginn der Pandemie gesagt haben: Pflegefachpersonen standen an vorderster Front und oft in der Schusslinie, und das hat seinen Tribut gefordert. Pflegekräfte sind die die uns aus diesem postpandemischen Einbruch im Gesundheitswesen herausführen könnten, aber sie können dies nur tun, wenn es genügend von ihnen gibt, wenn sie angemessen unterstützt und bezahlt werden und wenn die fragilen Gesundheitssysteme, in denen sie arbeiten, mit großen Investitionen von Regierungen überall verjüngt werden.“

Gesundheitssysteme haben laut der Untersuchung überall mit dem Druck zu kämpfen, genügend Arbeitskräfte zu sichern. Man habe in dem Bericht dargelegt, was erforderlich sei, aber nur Regierungen könnten dies verwirklichen. 

Dem Bericht zufolge sind Stress, Burnout, Arbeitsausfälle und Streiks, von denen das Pflegepersonal betroffen ist, Symptome des derzeitigen gefährlichen Zustands des Gesundheitswesens und müssten dringend angegangen werden, wenn das Pflegepersonal seine zentrale Rolle bei der Wiederherstellung der Gesundheitssysteme erfolgreich übernehmen solle.

Weiter heißt es, dass es keine Option sei, sich auf die Belastbarkeit einzelner Pflegekräfte zu verlassen, und dass die Regierungen Verantwortung übernehmen und Wiedergutmachung für ihre unzureichende Planung und politischen Reaktionen leisten müssen, die zu einem chronischen weltweiten Mangel an Pflegekräften geführt hätten.

Viele Länder hätten nicht ausreichend in die Ausbildung einer angemessenen Anzahl von Pflegekräften investiert, um den Bedarf zu decken, heißt es in dem Bericht. Das führe zu Überarbeitung und zusätzlichen Belastungen für das vorhandene Personal. Außerdem verlasse man sich zunehmend auf „schnelle Lösungen“ in Form schädlicher und nicht nachhaltiger internationaler Rekrutierung von Pflegefachpersonen durch wohlhabendere Nationen.

Länder, die eine lange Tradition in der Ausbildung von Pflegekräften „für den Export“ hätten, hätten jetzt ebenfalls Probleme. Indien beispielsweise verzeichne jetzt einen starken Anstieg bei der Nachfrage nach Pflegekräften, die Regierung der Philippinen habe inzwischen einen Mangel von bis zu 350.000 Pflegekräften eingeräumt. 

James Buchan, außerordentlicher Professor an der University of Technology, Sydney, Australien, sagte: „Die aktuelle Situation ist eine direkte Folge mangelnden Handelns und des Fehlens einer langfristigen Vision und eines Plans für das weltweite Pflegepersonal. Das Pflegepersonal wurde durch die Traumata der Pandemie schwer geschädigt, und die Notwendigkeit, unsere Gesundheitsdienste wieder aufzubauen, ist eine zusätzliche Belastung, die sie jetzt tragen.“

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 07-2023. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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