Referentenentwurf Arbeitszeiterfassungsgesetz liegt vor

01.06.2023, Prof. Hans Böhme, Healthcare & Hospital Law
Politik & Wirtschaft

Das Bundesarbeitsministerium hat zwischenzeitlich im April 2023 einen Referentenentwurf zur Arbeitszeiterfassung vorgelegt. Darin sollen die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur bereits jetzt verpflichtenden Arbeitszeiterfassung, wie in HHL-Newsletter 1/2023 dargestellt, näher ausgestaltet werden.

Folgende wesentlichen Neuregelungen sind vorgesehen:
Der Arbeitgeber ist gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG-E verpflichtet sein, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen.
Nach § 16 Abs. 2 S. 1 ArbZG-E hat die Erfassung der Arbeitszeit elektronisch zu erfolgen. Hiervon soll durch oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung abgewichen werden können, § 16 Abs. 7 Nr. 1 ArbZG-E.

Die Aufzeichnung kann gemäß § 16 Abs. 3 ArbZG-E durch den Arbeitgeber erfolgen, aber auch an den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin delegiert werden. 
§ 16 Abs. 4 ArbZG-E sieht vor, dass der Arbeitgeber bei Vertrauensarbeitszeit sicherstellen muss, dass ihm Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden, was durch die entsprechende Meldung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems erfolgen kann, so die Gesetzesbegründung.

Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gemäß § 16 Abs. 5 ArbZG-E auf Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit zu informieren und ihm auf Verlangen eine Kopie der Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Damit dürfte für Arbeitnehmer die Geltendmachung von Überstunden erheblich erleichtert werden.

Der Arbeitgeber hat die Arbeitszeitnachweise mindestens zwei Jahre aufzubewahren, § 16 Abs. 2 S. 3 ArbZG-E.

In § 16 Abs. 7 ArbZG-E sind Abweichungsmöglichkeiten in Tarifverträgen vorgesehen.
•    So kann in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zugelassen werden, dass die Aufzeichnung nicht in elektronischer Form erfolgen brauchen. 
•    Die Aufzeichnung kann durch Tarifvertrag an einem anderen Tag erfolgen, spätestens aber bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages.
•    Ein Abweichen von der Aufzeichnungspflicht ist für Arbeitnehmer möglich, bei denen die gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann. Laut Gesetzesbegründung kann das Führungskräfte, herausgehobene Experten oder Wissenschaftler betreffen, die nicht verpflichtet sind, zu festgesetzten Zeiten am Arbeitsplatz anwesend zu sein, sondern über den Umfang und die Einteilung ihrer Arbeitszeit selbst entscheiden können.

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in elektronischer Form gilt erst ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes. Für Arbeitgeber mit weniger als 250 Arbeitnehmern verlängert sich diese Übergangsregelung auf zwei Jahre, für Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmern auf fünf Jahre.

Von der elektronischen Aufzeichnungspflicht dauerhaft ausgenommen sind Arbeitgeber mit bis zu zehn Arbeitnehmern und Privathaushalte, die Hausangestellte beschäftigen. 

Verstöße gegen die Aufzeichnungspflicht, die Aufbewahrungspflicht und die Bereithaltungspflicht für Kontrollen sind künftig bußgeldbewehrt.

Dieser Referentenentwurf enthält Regelungen, die so zu erwarten waren. Durch das Erfordernis der elektronischen Zeiterfassung hat der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG insoweit ebenso mitzubestimmen wie der Personalrat in öffentlichen Einrichtungen.
 

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