Medizininformatik-Initiative öffnet Datenportal für weitere Forschende

07.06.2023, Sven C. Preusker
Digital Health, Aus- & Weiterbildung


© shutterstock

Beim Deutschen Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG) können Forschende zentral Gesundheitsdaten und Bioproben der deutschen Universitätsmedizin für wissenschaftliche Untersuchungen beantragen. Das Portal wurde innerhalb der Medizininformatik-Initiative (MII) entwickelt und ging bereits im September 2022 „intern“ in Betrieb – seit Mitte Mai steht es, weiterhin im Pilotbetrieb, nun auch Forschenden zur Verfügung, die nicht an der Initiative beteiligt sind.

Über das Portal können Daten auf Basis des MII-Kerndatensatzes abgefragt werden. Dieser umfasst grundlegende demographische Merkmale sowie ein großes Spektrum klinischer und versorgungsrelevanter Merkmale, die inhaltlich gebündelt in Modulen zusammengefasst werden. Bisher sind die folgenden Module des Kerndatensatzes abfragbar: Person, Diagnose, Prozedur, Laborbefund, Medikation, Consent und Bioprobendaten. Momentan stehen beispielsweise im Modul Person, das unter anderem Angaben zu Alter und Geschlecht enthält, mehrere Millionen Datensätze bereit. Die Daten werden im FHIR-Format standardisiert. Gleichwohl stelle die Heterogenität der Datenquellen eine Herausforderung bei der Auswertung und Nutzung der Daten dar, hieß es von den Betreibern. Die MII arbeite daher gemeinsam mit Datennutzenden und -gebenden im Sinne eines lernenden Systems weiterhin an Verbesserungen der Standardisierung und Verfügbarkeit der Daten. 

Das Portal ist daher zunächst im Pilotbetrieb verfügbar, da die Datenanfrage und die zugehörige Dateninfrastruktur anhand erster Nutzungsprojekte getestet und laufend verbessert würden, hieß es. Der Anschluss der universitätsmedizinischen Standorte an die MII-Datenabfrage soll im Rahmen des Pilotbetriebs sukzessive komplettiert werden. Mit einer Machbarkeitsanfrage erfahren Forschende, wie viele Fälle für ihre Suchkriterien in den Datenintegrationszentren bundesweit vorhanden sind und für medizinische Forschungszwecke beantragt werden können.

Um Daten für ein Forschungsprojekt zu beantragen, müssen Forschende ein positives Ethikvotum ihrer Institution einreichen. Über den Antrag auf Datennutzung entscheiden die Use-and-Access-Committees (UACs) an jeder angefragten Universitätsklinik. Das bedeutet, dass die Datenhoheit bei den einzelnen Standorten bleibt. Wenn diese die Datennutzung für das Forschungsprojekt bewilligen, werden die pseudonymisierten Daten dem Forschenden zentral über das Portal bereitgestellt. Forschende, die Daten beantragen, müssen für die erforderlichen Schritte bis hin zum Vertragsschluss mit den datenliefernden Standorten hinreichenden Zeitvorlauf einplanen. Aktuell wird empfohlen, dass Forschungsprojekte von einem Zeitaufwand von mindestens fünf Monaten ausgehen sollten, bis sie die Daten erhalten.

Das Portal schaffe Transparenz, indem alle im Rahmen der MII bewilligten Forschungsprojekte und ihre Ergebnisse in einem Projektregister veröffentlicht werden, hieß es von den Betreibern. Patientinnen und Patienten könnten sich laufend über die Webseite und einen Newsletter informieren, welche Projekte mit Patientendaten durchgeführt werden. Bislang sind zwölf Forschungsprojekte bewilligt und veröffentlicht worden.

Hintergrund zum Forschungsdatenportal für Gesundheit

Im Rahmen der MII wurden an über 30 universitätsmedizinischen Standorten bundesweit Datenintegrationszentren aufgebaut. Diese Einrichtungen stellen Patientendaten und Bioproben aus der Routineversorgung datenschutzgerecht für die medizinische Forschung bereit. „Das FDPG bietet erstmals eine zentrale Anlaufstelle, um die verfügbaren Datenbestände aus der Versorgungsdokumentation aller deutschen Universitätskliniken abzufragen und zu beantragen. Das ist ein enormer Vorteil für die Forschung und das Gesundheitssystem in Deutschland“, so Sebastian C. Semler, Geschäftsführer der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. und Leiter der gemeinsam mit dem Medizinischen Fakultätentag und dem Verband der Universitätsklinika betriebenen MII-Koordinationsstelle. Das Portal wird gemeinsam von allen Partnern in der MII entwickelt und von der TMF betrieben.

Patienten-Webseite online

Parallel zur Öffnung des Datenportals für Forschende außerhalb der MII wurde im Mai eine Webseite veröffentlicht, die Patientinnen und Patienten verständlich und anschaulich über die Nutzung von Gesundheitsdaten für medizinische Forschungszwecke informieren soll.

In Videos erzählen eine Patientin und ein Patient, was sie sich davon erhoffen, ihre Patientendaten der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen. Eine Ärztin und ein Arzt berichten von ihren Erfahrungen, wie Patientendaten die Forschung unterstützen und die Gesundheitsversorgung in Zukunft verbessern können.

Eine Seite widmet sich der Einwilligungserklärung der MII (Broad Consent). Anhand eines Erklärfilms wird der Einwilligungsprozess erläutert. In einem FAQ-Bereich werden Fragen rund um das Thema Datenschutz und -sicherheit beantwortet. Die Fragen wurden zuvor auf Basis einer Dialogveranstaltung der MII mit Patientenorganisationen erarbeitet.

Die Webseite soll als zentrale Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten dienen, die in einer an der MII teilnehmenden Klinik gefragt worden sind, ob sie in die Nutzung ihrer Patientendaten für medizinische Forschungszwecke einwilligen möchten. In der Klinik erhalten sie zusätzlich zur Einwilligungserklärung eine Patienteninformation sowie ggf. auch einen Flyer für Patientinnen und Patienten, der auf die Patienten-Webseite verweist.

Das Projektregister des Forschungsdatenportals für Gesundheit ist ein weiteres Informationsangebot für Patientinnen und Patienten sowie alle Interessierten. Hier kann man sich laufend über im Rahmen der MII beantragte und durchgeführte Forschungsprojekte informieren.

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 11-2023. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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