DigiG soll ePA endlich in die Breite bringen

05.07.2023, Sven C. Preusker
Digital Health, Politik & Wirtschaft


© shutterstock

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat jetzt einen ersten Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (Digitalisierungsgesetz, DigiG) vorgelegt. Im Entwurf heißt es, Ziel des Gesetzes sei insbesondere, die Potenziale der elektronischen Patientenakte (ePA) zur Steigerung der Patientensicherheit und der medizinischen und pflegerischen Versorgungsqualität zu nutzen, indem diese durch Umstellung auf eine Widerspruchslösung („Opt-out“) flächendeckend in die Versorgung integriert werden kann. Weiterhin soll das E-Rezept weiterentwickelt und verbindlich eingeführt werden, Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) sollen besser für die Versorgung nutzbar gemacht werden, Videosprechstunden und Telekonsilien qualitätsorientiert weiterentwickelt werden. In strukturierten Behandlungsprogrammen sollen digitale Versorgungsprozesse ermöglicht werden, die Interoperabilität soll verbessert werden, die Cybersicherheit soll erhöht und schließlich der Innovationsfonds verstetigt und weiterentwickelt werden.

Laut des Entwurfs sollen die Krankenkassen verpflichtet werden, ihren Versicherten ab dem 15. Januar 2025 eine elektronische Patientenakte (ePA) bereitzustellen. Wer die ePA nicht haben will, soll aktiv widersprechen müssen, wie bereits seit längerem von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) angekündigt (Opt-out-Regel). Zunächst soll die digitale Akte für digital unterstützte Medikationsprozesse, eine Patientenkurzakte und Labordaten/Befunde verwendet werden. Perspektivisch soll die ePA die wichtigste Austauschplattform zwischen Leistungserbringern sowie Patientinnen und Patienten sowie zentrales, digitales Gesundheitsmanagementsystem für die Versicherten werden. Mit Blick auf alte Patientenakten sollen Versicherte einen Anspruch auf Digitalisierung durch ihre Krankenkasse erhalten. 

Um die Nutzbarkeit zu verbessern, soll es zukünftig möglich sein, die E-Rezept-App über die ePA-Apps zu nutzen. Zudem sollen perspektivisch digitale Identitäten und NFC-fähige eGK sowie dazugehörige PINs direkt aus der E-Rezept-App beantragt werden. Die Krankenkassen sollen verpflichtet werden, über das E-Rezept zu informieren.

Bei den DiGAs soll der Leistungsanspruch auf Medizinprodukte höherer Risikoklassen ausgeweitet und die Anwendungen so noch tiefer in die Versorgungsprozesse integriert werden. Die Preisgestaltung soll sich zukünftig stärker an Erfolgskriterien orientieren, um einen transparenten Qualitätswettbewerb zu etablieren. Dazu sollen DiGAs einer anwendungsbegleitenden Erfolgsmessung unterzogen werden, um kontinuierlich ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

Videosprechstunden sollen leichter zugänglich gemacht werden, um eine b reitere Nutzung zu erreichen. Dazu sollen die bisherigen Begrenzungen flexibilisiert sowie die Vergütung stärker an Qualitätskriterien ausgerichtet werden. Versicherte sollen einen neuen Leistungsanspruch auf assistierte Telemedizin in Apotheken bekommen.

Mit Blick auf die Interoperabilität soll die Verbindlichkeit von Standards und Leitlinien erhöht werden, um einen qualitativ hochwertigen Informationsaustausch zu ermöglichen. Das soll zu einer höheren Datenverfügbarkeit, einer besseren Behandlungsqualität und einem höheren Schutzniveau für die Gesundheit und die informationelle Selbstbestimmung der Versicherten führen.

Zum Thema Cybersicherheit heißt es, die Awareness der Nutzerinnen und Nutzer solle gestärkt werden. Außerdem sollen die Mindestanforderungen des BSI an die Verarbeitung von Gesundheits- und/oder personenbezogenen Daten in cloudbasierten Informationssystemen festgelegt werden.

KBV: wenig Licht

Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) enthält der Entwurf (wie auch der zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz, GDNG) „ganz viel Schatten, aufgehellt mit ein wenig Licht.“ Die KBV-Vorstände Dr. Andreas Gassen, Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Sibylle Steiner sagten: „Es ist zutiefst frustrierend für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, dass das Bundesgesundheitsministerium wieder einmal Verpflichtungen und Sanktionen gegenüber den Praxen einsetzen will. Dieses Mal, um das längst noch nicht massentaugliche eRezept mit der Brechstange durchzusetzen.“ Bei der ePA müsse sich die Struktur d grundlegend ändern, damit sie vom Nischenprodukt mit Paradiesvogelstatus zur Massenanwendung werden könne. „Die ePA muss sich schnell und – wie vom Bundesgesundheitsminister angekündigt – automatisch befüllen lassen.“ Die Opt-Out-Regelung für Patienten allerdings sei sinnvoll. 

Der Bundesverband Managed Care (BMC) und sein Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Lutz Hager begrüßten den Entwurf. Hager: „Entscheidend ist die letzte Meile der Digitalisierung hin zum Patienten. Konkrete Verbesserungen wie die Aufhebung der Mengenbegrenzung bei der Videosprechstunde, der Einstieg in digitale DMPs oder die Ausweitung der DiGAs weisen dafür den Weg. Sie haben hohen praktischen Nutzen sowohl für Patienten als auch für alle an der Versorgung Beteiligten. Gleichzeitig werden damit positive Signale an Technologieanbieter gesetzt.“ Allerdings sollten weitere Schritte in der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie folgen.Der BMC werde sich im Gesetzgebungsverfahren konstruktiv einbringen und auf die Fortsetzung des eingeschlagenen Weges drängen.

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 13-2023. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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