Nach Einigung zur Krankenhausreform: Kritik aus den Verbänden, Details teilweise offen

20.07.2023, medhochzwei
Politik & Wirtschaft, Krankenhaus, Versorgung

Nachdem sich Bund und Länder am 10. Juli dann doch auf Eckpunkte für eine Krankenhausreform geeinigt haben (bei einem „Nein“ aus Bayern und einer Enthaltung aus Schleswig-Holstein), gibt es eine Menge an Reaktionen und Kommentaren zu dem Papier. 

Geeinigt hat man sich auf folgende, zentrale Punkte: Es wird eine Vorhaltefinanzierung (inkl. Pflegebudget) geben. Um den Krankenhäusern „schnellstmöglich“ eine von der Leistungserbringung unabhängige Vorhaltevergütung zukommen zu lassen, sollen die Vorhalteanteile zunächst normativ ermittelt werden, heißt es im Eckpunktepapier. „In einer Übergangsphase wird die Absenkung der Fallpauschalen daher pauschal um einen gesetzlich vorgegebenen, zunächst einheitlichen Vorhalteanteil in Höhe von durchschnittlich 60 Prozent der DRG-Vergütung erfolgen.“ 

Die Leistungen der Krankenhäuser sollen zukünftig nach mit Qualitätskriterien hinterlegten Leistungsgruppen organisiert erbracht werden, die sich an den Leistungsgruppen, die in Nordrhein-Westfalen bereits umgesetzt werden, orientieren. Allerdings soll es Ergänzungen dazu geben, so sollen zusätzlich die Leistungsgruppen Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin und spezielle Kinder- und Jugendchirurgie eingeführt werden. Diese sollen durch eine zustimmungsbedürftige Rechtsverordnung festgeschrieben werden. Im Papier heißt es außerdem: „Die Ausdifferenzierung und Weiterentwicklung der Leistungsgruppen mit Qualitätskriterien sowie das Recht auf Ergänzungen und Streichung erfolgt in der ersten Stufe auf Initiative von Bund und Ländern; beide Seiten haben ein Initiativrecht.“ Zukünftig soll dann die zuständige Landesbehörde den Krankenhäusern einzelne Leistungsgruppen per Bescheid zuweisen. „Voraussetzung hierfür ist, dass das Krankenhaus die Qualitätskriterien für die jeweilige Leistungsgruppe erfüllt, einschließlich der verwandten Leistungsgruppen, die an demselben Standort zu erbringen sind,“ heißt es im Eckpunktepapier. 

Ein zentrales Element der neuen Versorgungslandschaft sollen sektorenübergreifende Versorger, also die Level Ii-Krankenhäuser, werden. Diese seien Plankrankenhäuser nach § 108 Nummer 2 SGB V, soweit sie stationäre Leistungen erbringen, heißt es in den Eckpunkten. Darunter könnten auch bettenführende Primärversorgungszentren (PVZ), Regionale Gesundheitszentren (RGZ), integrierte Gesundheitszentren oder andere ambulant-stationäre Zentren fallen. Diese Einrichtungen würden sich regelhaft aus dem stationären Bereich entwickeln, insbesondere durch die Umwandlung bisheriger Krankenhäuser, könnten sich aber auch aus ambulanten Versorgungsmodellen heraus entwickeln, steht in den Eckpunkten. Außerdem sollen diese Versorger, entgegen früheren Planungen, bei entsprechendem Bedarf auch neu vorgesehen werden können. Um den Leistungsumfang diese neuen Versorgungseinrichtungen zu definieren, soll ein Katalog der Leistungen erstellt werden, die diese nicht erbringen dürfen. An der Notfallversorgung werden die Level Ii-Häuser nicht teilnehmen.

Zur angekündigten „Transparenzoffensive“ heißt es, der Bund werde nach der Sommerpause ein eigenes Gesetz zur Transparenz vorlegen, welches zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß, zeigte sich „fassungslos, dass Bund und Länder tatsächlich das unkontrollierte Kliniksterben hinnehmen.“ – und erneuerte damit die Kritik am Fehlen einer geregelten Finanzierung sowohl für die Transformation als auch für die Zeit davor, in der eine große Anzahl an Klinik-Insolvenzen erwartet wird, sollte keine finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern kommen.

Dem Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) fehlen in den Eckpunkten konkrete Lösungsansätze zur Überwindung der zentralen Probleme. Die aktuell bestehende Unterfinanzierung der Kliniken werde ebenso wenig beseitigt wie der Fachkräftemangel und die Überbürokratisierung. Zentraler Kritikpunkt des BDPK am Eckpunktepapier ist die nach wie vor isolierte Fokussierung auf die Planung von Krankenhausangeboten. Da die ambulante, rehabilitative und pflegerische Versorgung weitgehend ausgeblendet werde, bringe die Reform keinen wirklichen Fortschritt für die Patientinnen und Patienten.

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) sieht in der Einigung eine Chance auf mehr Qualität in der Krankenhausversorgung. Die Einführung von einheitlichen Leistungsgruppen auf Grundlage bundeseinheitlicher Qualitätsstandards eröffne die Chance, die Krankenhausversorgung zukünftig stärker nach Qualitätskriterien zu strukturieren. Das dürfe aber nicht durch weitreichende Ausnahmeregelungen für die Länder verwässert werden, betonte Dr. Jörg Meyers-Middendorf, Vertreter des Vorstandes des Verbands. Bedauerlich sei allerdings, dass die ursprüngliche Maßgabe einer erlösneutralen Reform nicht eingehalten werde. Die Reform werde zu deutlichen Mehrkosten für die Krankenkassen führen, auch durch die zusätzlichen Sicherstellungzuschläge.

Mehr zum Eckpunktepapier, zu den Reaktionen verschiedener Stakeholder im Gesundheitswesen und zu den weiteren Schritten der Reform in der kommenden Ausgabe 14/2023 von „Klinik Markt inside“, die am 24. Juli erscheint.

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 14-2023. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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