DBfK fordert Einbindung pflegefachlichen Potenzials bei Krankenhausstrukturreform

08.08.2023, medhochzwei
Politik & Wirtschaft, Pflege, Versorgung

Die Krankenhausstrukturreform wurde ursprünglich vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) als Chance für eine bessere Gesundheitsversorgung und die Entwicklung der Pflegeberufe gesehen – bis zur Veröffentlichung der Eckpunkte aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Auf diese reagierte der Verband mit scharfer Kritik. In einem Policy Brief, der Ende Juni veröffentlicht wurde, argumentierte der DBfK für die Ausschöpfung des pflegefachlichen Potenzials in der Reform. Nun hat der Verband mit einem Positionspapier nachgelegt, in dem zehn Forderungen für eine gelingende Reform formuliert werden.

„Unser Aufruf an die politisch Verantwortlichen ist klar: Nutzen Sie das pflegefachliche Potenzial, sonst wird die Reform nicht gelingen“, so DBfK-Präsidentin Christel Bienstein. „Wir sehen deutlich, dass wir neben dem gravierenden Personalmangel in allen Gesundheitsberufen mit einer Fehlversorgung konfrontiert sind. Diese gefährdet eine sichere Versorgung der Bevölkerung.“ Im OECD-Vergleich gebe Deutschland für die Gesundheitsversorgung das meiste Geld aus, es würden aber nur mittelmäßige Ergebnisse erzielt, so Bienstein. Dies sei einerseits auf einen Mangel in der Primärversorgung zurückzuführen, der parallel mit einer echten Strukturreform angegangen werden müsse. „Andererseits wissen wir, dass die Pflegepersonalausstattung und die Quote akademisch ausgebildeter Pflegefachpersonen in den Kliniken direkt mit den Komplikations- und Mortalitätsraten zusammenhängen. Ein Ausbau der Primärversorgung und höhere Personalschlüssel mit mehr akademisch ausgebildeten Pflegefachpersonen sind dringend erforderlich, wenn die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wirklich verbessert werden soll.“

„Wir können es uns schon lange nicht mehr leisten, die Kompetenz der Pflegefachpersonen brach liegen zu lassen“, so Bienstein. „Wer weiterhin den Stellenwert professioneller Pflege ignoriert, verschärft das Problem und gefährdet die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.“

Im vorliegenden Positionspapier „Krankenhausstrukturreform: Pflegefachliches Potenzial nutzen“ stellt der DBfK zehn Forderungen auf: So müssten laut des Verbands Level-Ii-Krankenhäuser geschaffen und so konzipiert werden, dass sie kurzzeitige stationäre Behandlung ermöglichen und je nach regionalem Bedarf auch als Primärversorgungszentrum aufgestellt sein können. 

Die Qualitätskriterien in den Leistungsgruppen müssen laut des Papiers die pflegerische Leistung spiegeln und einen bedarfsgerechten Personalschlüssel sowie den notwendigen Qualifikationsmix für die Pflegeberufe beinhalten. Ein sinnvoller Personalschlüssel ergebe sich zum Beispiel aus der PPR 2.0 und den assoziierten Instrumenten. Außerdem sei eine pflegewissenschaftlich begründete Quote für akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen für die jeweiligen Leistungsgruppen notwendig. 

Der BDfK sieht die Notwendigkeit für ein Pflegeforschungsprogramm in Deutschland, um Pflegequalität wissenschaftlich zu fundieren. Die Disziplinbildung von Pflegewissenschaft in Deutschland müsse gefördert werden, um auch in diesem Fach wissenschaftliche Exzellenz entwickeln zu können. 

Eine weitere Forderung ist die Etablierung pflegerischer Berufsbilder wie Advanced Practice Nurses (APN) mit unterschiedlichen Schwerpunkten im Krankenhaus, in der stationären und ambulanten Langzeitpflege sowie Community Health Nurses (CHN) in der Primärversorgung. 

Der Verband hält auch die Schaffung einer pflegerischen Notfallversorgung, wie sie im vierten Gutachten der Regierungskommission skizziert wurde, für notwendig. Diese könne durch auf Masterniveau ausgebildete APN mit entsprechender Handlungskompetenz ausgeübt werden. 

Die vorgesehenen Level-Ii-Krankenhäuser haben laut des Verbands einen starken pflegerischen Auftrag, der pflegefachliche Kompetenzen auf hohem Niveau voraussetze. Sie müssten daher auch unter fachlicher Leitung von APN stehen können, so die Forderung. Sie würden eine zentrale Rolle für die regionale akutpflegerische Versorgung spielen und den stationären und ambulanten Bereich miteinander verbinden, wenn sie beispielsweise den Übergang in die Häuslichkeit organisieren würden. 

Der DBfK fordert, dass rechtliche Weichen im Heilberufs- und Leistungsrecht gestellt und das Pflegeberufegesetz an die neuen Anforderungen angepasst werden. Die Ausübung von Heilkunde sei im Sinne von Substitution in einem Heilberufegesetz auf Pflegefachpersonen zu übertragen. Vorbehaltsaufgaben müssten ernst genommen und Raum für die Ausführung eingeräumt werden. Dazu gehöre zuvorderst die Ermächtigung zur eigenständigen Verordnung von Pflege und der dazu erforderlichen Heil- und Hilfsmittel. 

Der Verband sieht auch die Notwendigkeit von Investitionen in Pflegebildung sowohl in primärqualifizierende Bachelor- als auch in spezialisierende Masterstudiengänge, außerdem in die Bildung des dafür notwendigen Lehrpersonals. Pflegewissenschaft und Forschung seien insgesamt zu stärken. 

Abschließend fordert der Pflegeverband die vollständige Refinanzierung der bedarfsgerechten Pflege im Krankenhaus. Die pflegerischen Leistungen im Sinne der Primärversorgung in Level-Ii-Krankenhäusern seien über ein Leistungsrecht zu finanzieren. Pflegebewertungsrelationen und ein Pflege-DRG-System seien, so der DBfK, kategorisch abzulehnen.

Das Positionspapier steht hier zum Herunterladen zur Verfügung.

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 15-2023. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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