DPtV sieht Vorschläge der Regierungskommission zu Psych-Fächern kritisch

19.10.2023, medhochzwei
Psychotherapie, Politik & Wirtschaft

Die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) sieht die von der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung in ihrer achten Stellungnahme unter dem Titel „Psychiatrie, Psychosomatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie („Psych-Fächer“): Reform und Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung“ gemachten Vorschläge kritisch. Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der DPtV, kritisierte, dass Klinik-Patientinnen und -Patienten nach Richtlinie in der Regelbehandlung weniger Psychotherapie als ambulante Patientinnen und Patienten erhalten würden – dieser Missstand müsse beseitigt werden. „Die Empfehlung der Regierungskommission zur Reform der Psychiatrie, Psychosomatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie ändert daran leider nichts“, so Hentschel. „Es fehlen außerdem Vorschläge, wie der gesetzliche Auftrag umgesetzt werden kann, die Psychotherapie gemäß ihrer Bedeutung in der Versorgung auch in der Personalbemessung in der Psychiatrie und Psychosomatik abzubilden“, so die Stellvertretende DPtV-Bundesvorsitzende Dr. Christina Jochim. Positiv sehe sie innovative Tagesklinik-Konzepte, um die häufig langen vollstationären Liegedauern zu verkürzen.

Hentschel sieht auch den vorgeschlagenen Ausbau von Institutsambulanzen kritisch. Dort könne meist keine Behandlerinnen- oder Behandler-Kontinuität gewährleistet werden. Im Klinikalltag würden Kolleginnen und Kollegen aus den Ambulanzen oft auf Station abgezogen oder seien durch Nachtdienste nicht im Tagdienst verfügbar. „Die persönliche therapeutische Beziehung ist aber in der Psychotherapie ein zentraler Wirkfaktor und kann nicht vertreten werden,“ so der DPtV-Vorsitzende. Klinik-Patientinnen und -Patienten sollten die gleiche hohe Qualität der psychotherapeutischen Behandlung erhalten wie im ambulanten vertragspsychotherapeutischen System.

„Die Kommission widerspricht dem Prinzip ,ambulant vor stationär‘“, kritisierte Hentschel außerdem. Zwar spreche der Regierungsentwurf von sektorübergreifender Versorgung, klammere aber den ambulanten Sektor der vertragspsychotherapeutischen Versorgung vollständig aus. Die psychiatrischen und psychosomatischen Institutsambulanzen würden die Patientinnen und Patienten an den stationären Sektor. binden Eine Überleitung in die wohnortnahe Versorgung durch niedergelassene Psychotherapeutinnen und -therapeuten sei nicht vorgesehen. „Sektorübergreifende Versorgung kann gelingen, wenn der Übergang von stationär zu ambulant besser gestaltet wird. Zum Beispiel könnten die psychotherapeutischen Sprechstunden parallel zum stationären Aufenthalt als Teil des Entlassmanagements ermöglicht werden“, schlägt der DPtV-Bundesvorsitzende vor. „Das Vorhaben einer Ambulantisierung unter Ausschluss des ambulanten Sektors hat keine Aussicht auf Erfolg.“

„Die stationäre Behandlung braucht innovative Konzepte. Wir begrüßen, dass Modellprojekte gefördert werden sollen. Diese müssen aber eng mit dem ambulanten Sektor verzahnt werden“, forderte Hentschel. Eine leitliniengerechte Versorgung beinhalte bei vielen in Frage kommenden Indikationen eine medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung. „Deshalb ist es zentral, dass beim geplanten Ausbau von Modellprojekten nach Paragraf 64b Psychotherapie dezidiert benannt und kalkuliert wird. Dies war bisher kaum der Fall. Es darf nicht Zufall sein, ob eine Klinik Psychotherapie anbietet oder nicht“, appellierte die stv. Bundesvorsitzende Jochim.

 

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