DPtV-Lunchtalk 2023 – Grenzen des Wachstums

24.11.2023, medhochzwei
Psychotherapie, Veranstaltungen

„Grenzen des Wachstums“ lautete das Thema des Online-LunchTalks 2023 der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). „Wir wollen betrachten, was die Menschen antreibt, nach immer mehr Wachstum zu streben und das Leben an immer mehr Besitz und Konsum auszurichten, obwohl wir uns damit der eigenen Lebensgrundlage berauben“, eröffnete DPtV-Bundesvorsitzender Gebhard Hentschel die Veranstaltung, an der über 800 Interessierte teilnahmen.

Der Volkswirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Niko Paech befasste sich in einem Vortrag mit Fragen wie „was darf sich ein einzelnes Individuum an materiellen Freiheiten erlauben, ohne über seine ökologischen und sozialen Verhältnisse zu leben?“ und „wo endet der Nutzen von Konsum – wo beginnt der Konsumstress?“ Seine Forderung: der Konsum müsse eingeschränkt werden – aus Schutz vor Reizüberflutung.

„Polykrisen vermitteln das Gefühl: Es ist nichts mehr veränderlich. Die wichtigste Krise ist die Klimakrise. Sie fordert eine Umkehr unseres Lebensstils“, betonte Dipl.-Psych. Delaram Habibi-Kohlen. In ihrem Vortrag „Wachstum und Freiheit ohne Grenzen? Postfaktisches Wunschdenken am Beispiel des Klimadiskurses“ sprach die Psychoanalytikerin über die Gefahr, anlässlich der schmerzlichen Fakten in Resignation zu erstarren. Außerdem warnte das Mitglied der „Psychologists for Future“: „Wenn alles ersetzbar ist, weil im Überfluss vorhanden, sind es am Ende auch die Menschen genauso wie die Fakten, die durch Meinungen ersetzt werden.“

Auf die Fragen der LunchTalk-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer antworteten die Expertinnen und Experten in der anschließenden Diskussion, die von Dr. Christina Jochim (stellv. DPtV-Bundesvorsitzende) moderiert wurde. „Humanismus heißt auch, Grenzen zu akzeptieren“, stellte Paech klar. Gruppenprozesse und gemeinsames Handeln seien entscheidend, um eine Kultur der „Post-Wachstum-Genügsamkeit“ zu erzeugen. Auch Konfrontation und Streit seien wichtig. „Wir sind eine Kuschel-Demokratie geworden. Es darf niemandem eine Einschränkung aufgezwungen werden“, kritisierte er. Habibi-Kohlen erklärte die Mechanismen der Verdrängung: „Wenn Schuldgefühle zu groß werden, wenden wir uns ab.“ Ihrer Meinung nach sei es eine unausgesprochene Übereinkunft, gehöre es zur „Nicht-Abstinenz“, das Thema bei den Patientinnen und Patienten „totzuschweigen“ und sich in eine gemeinsame Abwehr zu begeben. Auch als Psychotherapeutin oder -therapeut müsse man sich die eigene Haltung bewusst machen.

Der LunchTalk 2023 ist hier als Videomitschnitt verfügbar, auch die Folien zu den Vorträgen sind unter dem Link abrufbar.

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 22-2023. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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