Eugen Münch-Preis 2023 geht an „CARE“-Kosortium und „cureVision”

08.12.2023, mmedhochzwei
Wissenschaft & Forschung, KI & Technik, Digital Health, Versorgung

Die Jury des Eugen Münch-Preises für innovative Gesundheitsversorgung hat Ende November die Gewinner für das Jahr 2023 ausgewählt. In der Kategorie „Wissenschaft und praktische Anwendung“ wurden Prof. Eva Meisenzahl und Prof. Nikolaos Koutsouleris stellvertretend für das „CARE“-Konsortium ausgezeichnet. Richard Fobo, Johannes Ruopp und Kerstin von Diemar erhalten den Preis für das beste Start-up im Gesundheitsbereich. Der Preis ist in beiden Kategorien mit 20.000 Euro und einem Film dotiert.

Die Gewinner wurden unter über 100 Einsendungen von der Jury ausgewählt, der Barbara Diehl (Chief Partnership Officer, SPRIND – Bundesagentur für Sprunginnovationen), Wolfgang Greiner (Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement, Universität Bielefeld), Heike Haarhoff (Redakteurin Tagesspiegel Background Gesundheit & eHealth; Professorin Kommunikationswissenschaft an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften), Bernadette Klapper (Bundesgeschäftsführerin, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe), Franz Knieps (Vorstand BKK Dachverband), Ralf Kuhlen (Chief Medical Officer, Helios Health GmbH) und Marcel Weigand (Leiter Kooperationen und digitale Transformation der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland und freier Berater) angehören.

Meisenzahl und Koutsouleris wurden stellvertretend für das Konsortium hinter dem Projekt „Computer-gestützte Diagnostik und risikoadaptierte Therapie zur Verhinderung des Ausbruchs von Psychosen” ausgezeichnet. Ziel der Arbeit ist es, das individuelle Risiko zur Entwicklung einer Psychose frühzeitig zu erkennen und die Therapie so anzupassen, dass der Ausbruch verhindert oder abgemildert wird. Dazu hat das Team KI-basierte Methoden entwickelt, um mit Hilfe von computergestützten Algorithmen verschiedene Patienteninformationen wie den klinischen Befund, cMRT, neuropsychologische Tests und genetische Informationen zu analysieren und den weiteren Verlauf daraus mit Hilfe von künstlicher Intelligenz vorherzusagen. Die Ergebnisse wurden wissenschaftlich evaluiert und in international renommierten Fachjournalen wie JAMA Psychiatry veröffentlicht.

Mit den entwickelten Methoden der Wissenschaftler sei nicht nur erstmals eine valide Risikoanalyse und Diagnostik möglich, sondern es könne reagiert werden, bevor eine psychotische Erkrankung ausbreche, so die Jury. Sie kommen im Rahmen des Innovationsfonds-Projektes CARE (care-network.eu) zur klinischen Anwendung. In diesem Netzwerk ist auf nationaler Ebene eine große Allianz und Kooperation zwischen Kinder- und Jugendpsychiatern und -psychologen sowie Erwachsenenpsychiatern und -psychologen entstanden, flankiert durch die Unterstützung der Krankenkassen TK NRW, DAK und AOK Rheinland sowie Ethikern, Gesundheitsökonomen und Sozialpsychiatern. „Bei Schlaganfall und bei Krebserkrankungen ist die Vorsorge längst etabliert, um den Ausbruch frühzeitig zu erkennen“, so Meisenzahl, „mit unserer Arbeit möchten wir das Ziel einer präventiven Psychiatrie intensiv verfolgen; denn frühe Erkennung und Behandlung ist auch bei psychiatrischen Erkrankungen möglich.“ Die Wissenschaftler verfolgen nicht nur das Ziel, das subjektive Leid der Betroffenen durch lange Phasen mit unspezifischen Symptomen, die häufig in der Adoleszenz entstehen, nunmehr zu verringern, sondern auch Kosten einzusparen. Psychosen gehören zu den kostenintensivsten Erkrankungen weltweit.

Prof. Meisenzahl ist Lehrstuhlinhaberin für das Fach Psychiatrie und Psychotherapie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und leitet die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf/LVR. Sie ist Präsidentin der Europäischen Wissenschaftlichen Vereinigung für Schizophrenie und andere Psychosen (E-SAS) und Vorsitzende der Allianz gegen Depressionen in Düsseldorf. 2011 erhielt Meisenzahl zudem die Ernennung als Senior Research Fellow am Bedfordshire Center for Mental Health Research der Universität Cambridge. Ihre gemeinsamen Arbeiten wurden unter anderem mit dem Europäischen Präventionspreis der Europäischen psychiatrischen Fachgesellschaft (EPA) ausgezeichnet.

Prof. Koutsouleris ist Lehrstuhlinhaber für Präzisionspsychiatrie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und am King’s College London sowie Fellow der Max-Planck Gesellschaft am Max Planck Institut für Psychiatrie in München. Seine Arbeiten zum Einsatz von KI zur Früherkennung und Differenzialdiagnose psychischer Erkrankungen wurden vielfach national und international ausgezeichnet. Einen Film über die Arbeit können Sie hier sehen.

Moderne Wundversorgung ausgezeichnet

Die Versorgung chronischer Wunden durch digitale Erfassung und automatisierte Dokumentation – für diese Idee wurden Richard Fobo, Johannes Ruopp und Kerstin von Diemar, das Gründungsteam von cureVision, ausgezeichnet. Sie haben ein System entwickelt, das die Wunden aufnimmt, automatisch und in Sekundenschnelle präzise in Größe und Tiefe vermisst und den Anteil der Gewebearten mittels KI ermittelt. Die so erstellte Dokumentation können Pflegekräfte automatisch in die Patientenakte übernehmen. So haben alle an der Wundversorgung beteiligten Personen Zugriff auf die gleichen, objektiven Informationen und den Heilungsverlauf. Die Wunden würden genauer und bis zu 90 Prozent schneller erfasst, Pflegefachkräfte würden von zeitaufwändiger Dokumentation entlastet – und da Zustand und Größe der Wunde genau bekannt seien, könnten die Pflegenden direkt am Bildschirm das passende Verbandsmittel auswählen, so die Jury. Im nächsten Schritt möchte cureVision auch Diagnose- und Therapie-Empfehlungen zur Verfügung stellen. Fobo, einer der Gründer, betont: „Studien zufolge erhalten weniger als die Hälfte der Patientinnen und Patienten die für sie richtige Versorgung. Das zu ändern ist unser Ziel.“

Ruopp ist Medizintechnik-Ingenieur und Experte für medizinische Hardware und Zulassung. Fobo ist Ingenieur, Software-Entwickler und Experte für Medizinische KI. von Diemar hat einen MBA der Hochschule St. Gallen und ist erfahrene Unternehmerin und Finanzexpertin. Einen Film über die Arbeit können Sie hier sehen.

„Die prämierten Arbeiten passen perfekt zum Zweck unserer Stiftung: Sie unterstützen unser Anliegen, dass die Versorgungsqualität für die Patienten gesteigert wird, und gleichzeitig erhebliche, unnötige Kosten eingespart werden können“, betonte Prof. Boris Augurzky, Vorstandsvorsitzender der Rhön Stiftung.

Der Eugen Münch-Preis wird seit 2015 jährlich in zwei Kategorien (Bestes Start-up im Gesundheitswesen sowie „Wissenschaft und praktische Anwendung“) verliehen. Die Gewinner erhalten jeweils ein Preisgeld von 20.000 Euro und einen Film, mit dem die Arbeit vorgestellt wird. Ausgezeichnet werden innovative Arbeiten, die zu einer effizienteren und patientenorientierteren Gesundheitsversorgung beitragen können.

Die Rhön Stiftung Eugen und Ingeborg Münch (ehemals Stiftung Münch) wurde 2014 von Eugen Münch ins Leben gerufen. Das Stiftungsziel ist es, trotz einer alternden Gesellschaft weiterhin allen Menschen den Zugang zu nicht rationierter Medizin zu ermöglichen. Die Stiftung will Wissenschaft, Forschung und praxisnahe Arbeiten in der Gesundheitswirtschaft unterstützen und den nationalen und internationalen Austausch fördern. Den Vorstand bilden Prof. Dr. Boris Augurzky (Vorsitz), Eugen Münch (stellv. Vorsitz), Prof. Dr. med. Bernd Griewing und Dr. Christian Zschocke; die Geschäftsführung liegt bei Annette Kennel.

 

Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 23-2023. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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