Wissenswertes aus dem Gesundheitswesen: Nachrichten, Hintergründe, Interviews und mehr...
Branchenrelevante Informationen regelmäßig in Ihrem Postfach
Wie das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg jetzt mitgeteilt hat, ist das Quorum für die Errichtung einer Pflegekammer in Baden-Württemberg knapp nicht erreicht worden. Laut einer Meldung des Ministeriums lag die Zahl derer, die keine Einwendung erhoben haben, bei 64.380 Pflegefachkräften – nötig wären 67.757 gewesen. Somit stimmten 3.377 Pflegekräfte mehr gegen die Errichtung einer Pflegekammer, als zum Erreichen der vom Ministerium festgelegten Schwelle nötig gewesen wären.
Der Gründungsausschuss für eine Pflegekammer in Baden-Württemberg zeigt sich enttäuscht nach Bekanntgabe des Nichterreichens des Quorums durch Sozialminister Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen): „Die Veröffentlichung des Ministers hat uns überrascht, da wir in unserem Abschlussbericht das Erreichen des Quorums dargelegt haben. Es wird einmal mehr deutlich, dass von Anfang an der politische Wille für eine Kammer in Baden-Württemberg gefehlt hat“, so Peter Bechtel, Vorstandsvorsitzender des Gründungsausschusses. Lucha sagte bei Bekanntgabe der Interpretation des Ministeriums, es gelte nun, das Ergebnis zu akzeptieren. „Das Ergebnis ist aber kein Grund, in dem Bemühen nachzulassen, die Pflege wo immer möglich zu stärken“, sagte Lucha.
Der Dokumentationsbericht wurde dem Sozialministerium seitens des Gründungsausschusses bereits am 4. April übersendet. Der Gründungsausschuss war zu dem Ergebnis gekommen, dass das Quorum um 743 Stimmen übertroffen wurde. Das Ministerium hingegen stellt in der Bekanntgabe das Nicht-Erreichen des Quorums fest.
Vom Ministerium hieß es, man habe sich aufgrund des knappen Ergebnisses dazu entschieden, alle vom Gründungsausschuss als unwirksam beurteilten Einwendungen im Einzelfall zu überprüfen. Zusätzlich sei auch eine Stichprobenprüfung von 1.000 Fällen aus der Gesamtzahl aller Einwendungen vorgenommen worden.
Im Gegensatz zum Gründungsausschuss kam das Ministerium zu dem Ergebnis, dass 769 und nicht 1.823 Einwendungen als unwirksam zu werten sind, da diese entgegen der Vorgaben nicht unterschrieben waren. Das Sozialministerium vertritt die Rechtsauffassung, dass jede unterschriebene Einwendung als wirksam gilt, sofern eine eindeutige persönliche Zuordnung erfolgen kann, unabhängig von weiteren fehlenden Angaben. So wurden daher auch eine fehlende Wiederholung der Namensangabe oder die fehlende Angabe des Geburtsdatums vom Sozialministerium nicht als unwirksame Einwendungen angesehen, da aufgrund einer im Formular voreingedruckten ID-Nummer und Namensangabe zusammen mit der Unterschrift eine eindeutige persönliche Zuordnung möglich war.
Darüber hinaus waren für die Berechnung des Quorums von den 120.619 angeschriebenen Pflegefachkräften aus Sicht des Ministeriums noch 3.066 abzuziehen, da ihnen das Anschreiben des Gründungsausschusses nicht zugestellt werden konnte und sie somit keine offizielle Kenntnis vom Registrierungsverfahren erlangt hätten. Demgegenüber vertrat der Gründungsausschuss die Auffassung, dass diese Fälle als Zustimmung zur Pflegekammer zu werten seien, weil es diesen Personen trotz nicht erfolgter postalischer Zustellung möglich gewesen wäre, von sich aus Einwendungen zu erheben bzw. dem Gründungsausschuss ihre korrekte Adresse mitzuteilen.
Für die Vorstandsmitglieder des Gründungsausschusses zeigt sich in der Auslegung seitens des Ministeriums einmal mehr, dass der Wille fehlt – entgegen den Beteuerungen der Politikerinnen und Politiker, die Profession Pflege in politische Prozesse einzubinden, um die Belange der Pflege sicherzustellen und die Möglichkeit einer selbstbestimmten Vertretung auf Augenhöhe einzuräumen.
„Wir fordern jetzt den Sozialminister, die Regierung und die Oppositionsparteien auf, zu ihren Beteuerungen aus der Vergangenheit zu stehen, die vor uns liegenden Herausforderungen mit der Profession anzugehen. Der Landespflegerat muss daher künftig finanziell unterstützt und Ansprechpartner für die Politik werden. Er muss als Gremium in alle politischen Entscheidungen einbezogen werden und dort eine Stimme bekommen, wo Entscheidungen zur und über die Pflege gefällt werden“, fordert Gabriele Hönes, stellv. Vorsitzende des Gründungsausschusses. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass nur mit unterstützendem Hauptamt Augenhöhe mit allen anderen Playern im Gesundheitswesen herzustellen sei.
Es müsse von Seiten der Politik ein nachhaltiges Interesse geben, konstruktiv an zukunftsfähigen Lösungen für die Profession Pflege und die pflegerische Versorgung der Bevölkerung zu arbeiten, ansonsten werde das Gesundheitssystem weiter destabilisiert. Die Politik müsse mit Vertretenden der professionellen Pflege künftig fachlich, konstruktiv und zukunftsorientiert in den Dialog gehen. Es dürfe nicht weiter auf Kosten der Pflege Parteipolitik betrieben werden.
Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 11-2024. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!