Ausblick für Krankenhäuser trübt sich weiter ein: Interview mit Prof. Dr. Boris Augurzky

11.10.2022, Prof. Dr. Boris Augurzky
Aktuelles aus dem Verlag, Versorgung, Politik & Wirtschaft, Interviews & Kommentare

Ende September wurde ein Update zu den Projektionen zur wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser für das kommende Jahr im Krankenhaus Rating Report 2022 veröffentlicht.
Prof. Dr. Boris Augurzky, Mitautor des Reports und u. a. Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit am RWI, äußert sich dazu in einem kurzen Interview:

 

medhochzwei: Prof. Augurzky, soeben ist der wirtschaftliche Ausblick der Krankenhäuser auf die kommenden Jahre im Krankenhaus Rating Report aktualisiert worden. Wie sehen die projizierten Zahlen aus?


Prof. Dr. Augurzky: In unseren bisherigen Prognosen, die wir im März dieses Jahres erstellt hatten, gingen wir davon aus, dass sich die Lage der Krankenhäuser 2022 und 2023 spürbar verschlechtern würde, dass fast 60% im Jahr 2023 einen Jahresverlust schreiben würden. In der Aktualisierung sind es nun sogar mehr, nämlich rund zwei Drittel.


medhochzwei: Welche Faktoren spielen bei diesem gelinde gesagt düsteren Ausblick die größte Rolle?


Prof. Dr. Augurzky: Wir wussten schon damals im März von den steigenden Energiepreisen und dass die Corona-Hilfen auslaufen. Die Energiepreise sind jedoch stärker gestiegen, als von uns erwartet. Diese Erkenntnis floss in die Aktualisierung der Prognosen ein. Was wir dabei jedoch noch nicht berücksichtigt haben, ist der am 30.9. veröffentlichte Kostenorientierungswert von 6,07%. Wenn er Basis für die Veränderungsrate der LBFW 2023 ist, sollte sich die Lage 2023 besser darstellen als in unserem Update – jedoch würde sie insgesamt noch angespannt bleiben.

Die ursprüngliche Prognose aus dem im Juni veröffentlichten Krankenhaus Rating Report 2022:
 


medhochzwei: Selbst eine Rückkehr zu den Leistungszahlen von 2019 hätte ja bei der ursprünglichen  Projektion bei fast der Hälfte der Häuser zu einem negativen Jahresergebnis geführt – welche Maßnahmen könnten diesem Trend entgegenwirken?


Prof. Dr. Augurzky: Auch bei relativer Konstanz des Krankenhausmarkts, wie dies vor Corona meist der Fall war, zeigten unsere früheren Prognosen bis 2030 stets eine sukzessive Verschlechterung der Lage gegenüber dem Status quo. Das liegt vor allem daran, dass in unseren Prognosen die Personalkosten etwas stärker steigen als die Erlöse. Krankenhäuser haben in den vergangenen Jahren viel Personal zusätzlich eingestellt. Wenn in der Prognose die Verschlechterung der Lage jedoch nur schrittweise über einen längeren Zeitraum vonstattengeht, können die Krankenhäuser Gegenmaßnahmen einleiten, zum Beispiel indem sie vor Ort ihre Strukturen optimieren und damit die Lage stabilisieren. Wir haben solche Szenarien im Krankenhaus Rating Report auch gerechnet. Derzeit finden die Veränderungen allerdings nicht schrittweise, sondern auf einen Schlag statt, sodass eine Anpassung an die neue Situation nicht einfach möglich ist. Bei einer dauerhaft niedrigeren Menge an stationären Leistungen werden einschneidendere Maßnahmen nötig sein: Abbau und Zentralisierung von stationären Kapazitäten verbunden mit Schwerpunktbildung und dem Aufbau einer ambulanten Infrastruktur am oder im Krankenhaus.


Die Ende September veröffentlichte, angepasste Prognose, basierend auf den Daten aus dem Krankenhaus Rating Report
2022 und den aktuellen Entwicklungen bei Inflation und Energiepreisen:


 

medhochzwei: Danke für das Gespräch!

 

 

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Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 19-2022. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!

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