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Der Bundestag hat am 2. Dezember das „Gesetz zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung“ (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz, KHPflEG) verabschiedet. Nach einer ganzen Reihe von Anpassungen, wie sie auch von ihr gefordert worden seien, könne in den kommenden Jahren eine positive Entwicklung in der Pflege eingeleitet werden, so die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG). Dennoch würden zentrale Kritikpunkte bleiben. So dürfe es keinesfalls eine Pflege nach Kassenlage geben. Pflege könne sich nur nach dem Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten richten. Das Vetorecht des Finanzministers konterkariere die Zielsetzung und das politische Versprechen, dass mit den Pflegebudgets verbunden war, nämlich die vollständige Refinanzierung der Pflege am Bett. „Keine Bundesregierung wird es sich zukünftig leisten können einen objektiv gemessenen Personalbedarf in der Pflege zu ignorieren“, so Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG.
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) sagte anlässlich der Verabschiedung: „Mit dem ersten Krankenhausgesetz setzen wir wichtige Signale. Nicht mehr ökonomischer Zwang, sondern medizinische Notwendigkeit soll künftig in den Kliniken über die Behandlung entscheiden. Kinderkliniken und Geburtshilfestationen werden zuerst entlastet. Patientinnen und Patienten sollen sich darauf verlassen können, dass sie zu jeder Zeit durch qualifiziertes Personal behandelt und betreut werden und dass sie nur im Krankenhaus übernachten müssen, wenn es wirklich nötig ist. Behandlungen sollen auch im Krankenhaus vermehrt ambulant gemacht werden können. Das entlastet die Pflege und verhindert Komplikationen.“
Im Einzelnen werden folgende Bereiche mit dem Gesetz geregelt:
Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus
Mit dem Gesetz soll die Situation der Pflege in den Krankenhäusern mittelfristig verbessert werden. Hierzu werden Idealbesetzungen für die Stationen errechnet und durchgesetzt. Dazu wird ein Instrument zur Personalbemessung (PPR 2.0) eingesetzt, das im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege von allen Beteiligten entwickelt wurde. Die Einführung der PPR 2.0 erfolgt in drei Stufen: Am 1. Januar 2023 startet die Erprobungsphase mit einem Praxistest. Die Testphase erfolgt in einer repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern. Auf dieser Basis werden in einer Rechtsverordnung den Krankenhäusern Vorgaben für die Personalbemessung gemacht. Ab 2025 wird die Personalbemessung dann scharf gestellt und sanktioniert.
Krankenhaustagesbehandlung und spezielle sektorengleiche Vergütung
Nicht jede stationäre Behandlung erfordert auch eine Übernachtung des Patienten oder der Patientin im Krankenhaus. Um Krankenhauspersonal stärker zu entlasten und Patientinnen und Patienten, die dies wollen, die Übernachtung in vertrauter Umgebung zu ermöglichen, wird daher eine Krankenhaustagesbehandlung eingeführt. Die Entscheidung hierüber treffen Ärzte und Patient/in im gegenseitigen Einvernehmen. Um diese Ziele zu erreichen, sollen die Dokumentationsanforderungen bei der tagesstationären Behandlung auf das erforderliche Mindestmaß begrenzt werden.
Die unterschiedliche Vergütung von stationär erbrachten Leistungen (Fallpauschalen) und ambulanter Behandlung (EBM) habe bisher dazu geführt, dass Behandlungen stationär erfolgten, die auch ohne eine Unterbringung im Krankenhaus möglich wären, schreibt das BMG. Um für Patienten nicht notwendige Übernachtungen im Krankenhaus zu vermeiden, wird für bestimmte Behandlungen eine sektorengleiche Vergütung eingeführt. Diese Vergütung liegt zwischen dem ambulanten (EBM) und stationären Niveau (DRG). Bis zum 31.3.2023 sollen Krankenkassen und Krankenhäuser gemeinsam einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen sowie eine entsprechende Vergütung festlegen.
Förderung für Geburtshilfe und Pädiatrie
Um Geburtshilfeabteilungen in Krankenhäusern zu unterstützen, erhalten die Bundesländer zusätzliche finanzielle Mittel nach Königsteiner Schlüssel. Bei der Festlegung der konkreten Höhe je Krankenhausstandort sind die Vorhaltung einer Fachabteilung für Pädiatrie, einer Fachabteilung für Neonatologie, ein bestimmter Anteil vaginaler Geburten, die Geburtenzahl sowie die Möglichkeit der Durchführung des berufspraktischen Teils des Hebammenstudiums zu berücksichtigen. Damit soll eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfestandorten aufrechterhalten werden. Hierfür stehen für die Jahre 2023 und 2024 jeweils 120 Millionen Euro zur Verfügung.
Für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen wird mit dem Gesetz das vor der Pandemie im Jahr 2019 erbrachte Erlösvolumen weitgehend unabhängig von den tatsächlich erbrachten Leistungen garantiert. Zur Vermeidung von Fehlanreizen muss aber ein Krankenhaus Abschläge hinnehmen, wenn es für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen weniger als 80 Prozent des Erlösvolumens von 2019 erzielt. Das Erlösvolumen von 2019 wird zudem bis in die Gegenwart fortgeschrieben und jeweils für das Jahr 2023 und 2024 zusätzlich um 300 Mio. Euro aufgestockt – insgesamt also um 600 Mio. Euro. Durch die Garantie des Erlösvolumens soll erreicht werden, dass die Versorgung von Kindern und Jugendlichen gegenüber der leistungsorientierten Logik des Fallpauschalensystems abgesichert ist. Besondere Einrichtungen können für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen einen Zuschlag abrechnen. Die Mittel sind zweckgebunden für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen.
Zur Finanzierung der zusätzlichen Mittel für die Geburtshilfe und die Pädiatrie werden für die Jahre 2023 und 2024 jeweils rund 380 Mio. Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds entnommen. Darüber hinaus beteiligt sich u.a. auch die Private Krankenversicherung an der Finanzierung.
Sichere Hebammenversorgung
Ab dem Jahr 2025 werden die Personalkosten von Hebammen vollständig im Pflegebudget berücksichtigt. Damit werden die anfallenden Personalkosten von Hebammen für die Betreuung von Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen vollständig refinanziert und die Beschäftigung von Hebammen in den Kreißsälen einer unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen gleichgestellt.
Weitere Regelungen für den Krankenhausbereich
Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf im Krankenhausbereich insbesondere folgende Regelungen vor:
Ausdrücklich positiv bewertete die DKG die Entscheidung des BMG, den Pflegeentgeltwert ab dem 1. Januar 2023 auf 230 Euro anzuheben und damit eine angemessene Refinanzierung der Pflegepersonalkosten für die Krankenhäuser bereitzustellen, die noch kein vereinbartes Pflegebudget haben. „Die Kliniken mussten bisher Pflegepersonalkosten in Milliardenhöhe vorfinanzieren, das wird nun endlich sachgerecht korrigiert“, so Gaß zu dieser Änderung im Gesetz.
Die DKG bemerkte, dass allerdings in dem Gesetz nun hektisch versucht werde, Einzelaspekte des Koalitionsvertrages umzusetzen, die vernünftigerweise im großen Finanzierungsreformvorhaben integriert sein sollten. „Die Einführung von Hybrid-DRGs und tagesklinischer Behandlung sind echte Paradigmenwechsel. Es bleibt abzuwarten, ob diese Reformstücke am Ende zum großen Ganzen passen, was aus der Regierungskommission angekündigt wurde“, erklärte Gaß. Das Papier der Regierungskommission zu einer grundlegenden Struktur- und Finanzierungsreform der stationären Versorgung ist am 6. Dezember veröffentlicht worden – mehr dazu hier.
Das Gesetz enthält zudem Regelungen zur Verbesserung der digitalen Anwendungen im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung. Dabei gehe es insbesondere darum, die Nutzerfreundlichkeit zu stärken und die Verbreitung zu erhöhen, so das Ministerium. So werden Verordnungsdaten im Versorgungsprozess nutzbar gemacht oder einfache Identifizierungsverfahren in den Apotheken ermöglicht. Zugleich werden Hürden abgebaut, die derzeit aufgrund von Beschränkungen durch Anbieter und Hersteller informationstechnischer Systeme im Rahmen der Telematikinfrastruktur bestehen.
Weitere Regelungen:
Dieser Beitrag stammt aus dem medhochzwei Newsletter 23-2022. Abonnieren Sie hier kostenlos, um keine News aus der Branche mehr zu verpassen!